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E. F.

Jahresrückblick

Am Ende eines Jahres denken darüber nach, was wir in den vergangenen 365 Sonnenauf- und Untergängen erlebt und in unseren Gedanken behalten haben. Wir erinnern uns an Fahrten mit Bahn oder Auto, dem Flugzeug oder vielleicht sogar an eine Schiffsreise mit vielen Eindrücke und neuen Bekanntschaften, an das Essen, aber auch an Unannehmlichkeiten, Staus und Verspätungen und deren Folgen. Ist es uns leicht gefallen, wie weit haben wir unseren Kurs selber aktiv bestimmt oder haben wir uns doch mehr oder weniger treiben lassen? Bin ich vielleicht einfach auf einen Zug aufgesprungen, der scheinbar in die richtige Richtung fährt?

Geplant, und gezielt wäre es, wenn nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg bewußt von uns bedacht würde, nicht nur wohin, sondern - wie! Was wäre, gäbe es da etwas, das uns als besonderes Transportmittel durch das neue Jahr zur Verfügung stünde? Wenn wir es zu nutzen, zu steuern wissen, uns damit vertraut machen könnten, und es alles beinhalten würde, was wir für unsere Reise benötigen?

Zunächst zu sehen ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen. Der Osten, der das Licht bringt, die ersten wärmenden Strahlen, die den Schnee schmelzen und die Krokusse blühen lassen. Wir erwachen aus dem Winterschlaf, schütteln uns den Glühwein aus den Gliedern und beginnen, über die hellen und dunklen Seiten unseres Weges zu laufen, innerhalb der Grenzen von Tag und Nacht, Sonne und Mond, dem männlichen, harten und logischen auf der einen, dem weiblich-sinnhaften, dem Gefühlsbetonten auf der anderen. Auf dem Raumschiff Enterprise gab es einen draufgängerischen, impulsiven Kaptain, einen gefühlsbetonten und leicht erregbaren Schiffsarzt und dann den kühlen und unbeeindruckbaren Logiker, deren Problemlösungen immer dann erfolgreich waren, wenn sie in der Gruppe zusammenarbeiteten. So unterschiedlich und entgegengesetzt sie auch waren, sie ergänzten sich.

Auch wir könnten nicht existieren ohne das eine oder das andere als Ergänzung. Wir müssen uns oft entscheiden - nach dem Kopf oder dem Bauch, nach dem Wegweiser an der Straße - das wäre logisch - oder nach dem Instinkt, der uns sagt, daß doch die andere Richtung richtig ist. Wirklich wissen wir es oft erst sehr viel später. Was uns bei erster Betrachtung falsch erscheint, bekommt im Kontext bei einem gewissen zeitlichen Abstand oft eine andere Bedeutung.

Es hat in meinem Leben Wendungen gegeben, derer ich haderte und fluchte, deren tiefere Bedeutung mir aber später klar wurde. Innerer Zwiespalt kann für eine geschäftliche Entscheidung entgelten - gehe ich den Weg der strikten Marktwirtschaft oder hat auch das soziale Gefühl noch Platz in meiner Welt? Wie gehe ich um mit Kunden und Mitarbeitern, und wie behaupte ich mich am Markt? Ich hoffe, daß wir uns die Antwort darauf rechtzeitig geben können, daß wir die Stufen unseres Weges erklimmen, ohne die der große Bau für uns unerreichbar bleibt - kein Reichtum dieser Welt kann uns das Treppensteigen ersparen, wir müssen unseren Weg selbst gehen.

Wir gehen nun über den Süden, dort, wo in der Mitte der Zeit die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht und die Tage nicht mehr länger werden. Wir haben "hochmittag" (freimaurerischer Ausdruck für "rituelle Mittagszeit"), und wir arbeiten kräftigst. Nachdem wir uns mit dem Spitzhammer uns immerfort geglättet haben, fügen wir mit der Kelle den Mörtel der Liebe und der Menschlichkeit hinzu, ohne den kein haltbarer Verband entsteht. Doch wir bedenken: Je unebener ein Stein ist, desto mehr Mörtel braucht es, ihn einfügen zu wollen. Doch jeder Maurer weiß, daß eine dicke Mörtelschicht, mit der Unebenheiten statt sie zu beseitigen verkleistert werden, reine Optik ist, denn ihre Tragfähigkeit ist gering. Mit dem Zirkel schlagen wir den Kreis. Er wird mit der Zeit größer, wie es auch unsere Aufgaben werden sollten.

Diese Dreiheit unsere Werkzeuge weist den Weg nach vorn, in die Richtung, in die wir uns bewegen sollen. So haben wir auf unserem Weg durch die Zeit alles, was wir brauchen, um freimaurerisch zu arbeiten. Hierdurch, so weist uns die Spitze des Dreiecks, kommen wir voran - nicht in der horizontalen Zeitebene, sondern im vertikalen Streben nach Vervollkommnung.

Nun findet sich dort ein weiteres Dreieck, das uns anweist, ein paar Schritte zurückzugehen. Warum das?

Wer emsig arbeitet, ohne sich umzuschauen, ist nicht eben umsichtig: Er mauert schief, der Kreis wird zum Oval oder gar zur Spirale. Ein Künstler, ein Handwerker schätzt es ab, wann er sich zurücklehnen und besinnen muß, um sein Werk zu begutachten, selbstkritisch mit Senkblei, Winkelwaage und rechtem Winkel in der Hand. Daher: Tritt ein paar Schritte zurück, erhalte den Überblick, korrigiere die schiefen Ecken und dann erst nimm die Werkzeuge wieder in die Hand. Vergiss dabei nie den Ursprung. Du lebst immer noch auf der Erde auch wenn du noch so hoch gestiegen zu sein scheinst.

Auch den Maßstab gilt es dabei zu achten, der dir den Tag und die Nacht, die 12 Monate in gute und schlechte, in Sonnen- und Regentage teilt. Alles zu seiner Zeit - erwachst du zu spät, ist dir die Zeit schon voraus, du holst sie nicht mehr ein, nicht in einem Jahr, niemals. Doch lege den Hammer auch rechtzeitig aus der Hand! Die Ermüdung tut weder dem Bau noch deinem Daumen gut, und nicht umsonst läßt sich 24 durch Drei teilen - durch Arbeit, Vergnügen und Erholung. Ebenso durch Vier - die Zeit des Erwachens und der Vorbereitung, dann die des Schaffens und Erschaffens, danach die Erholung und die Freude - und schließlich die Nacht. Das Ungestüme der Kindheit und Jugend, das Schaffen und Streben des Erwachsenen, die Ruhe des Alters - was folgt, liegt im Dunkel des Winters.

Die Qualität deiner Arbeit, die Überprüfung des Ergebnisses und dies zur rechten Zeit, führt dich Richtung Ziel, all dem entgegen, was wir uns doch wünschen, im gut überschaubaren Abschnitt eines Jahres zumindest vorangebracht zu haben. Solch ein Ziel ist raumfahrtechnisch der Mond. Ein paar von uns waren dort und haben die Tür aufgestoßen. Nicht nur die technologische Leistung, sondern die Verwirklichung eines weiteren Traumes ist das Herausragende daran. Wir vergessen dabei schnell, daß dies auch einen Preis hatte: Bar und sofort, zahlbar in Menschenleben. Der Mond scheint nicht aus sich heraus. Er wäre ewig kalt und finster ohne den Glanz der Sonne, doch er gibt etwas wieder davon an uns weiter. Ihm und manch anderen Zielen können wir näher kommen und sie auch erreichen, doch müssen wir uns dabei vor Unbill schützen. Die Sonne, in Lichtjahren gemessen nur wenig weiter entfernt als der Mond, warm und hell, Leben spendend und doch alles vernichtend in ihrer Glut, wenn wir ihr zu nahe kommen. Wir sind durch sie überhaupt erst entstanden, und doch werden wir einst von ihr vernichtet werden - wenn wir dies nicht zwischenzeitlich selber tun. Manches eben, was uns angenehm scheint, unser Lebenselixier gar, läßt uns schmoren oder schmelzen ohne den nötigen Abstand.

Im Dunkel der Nacht erblicken wir wie Sterne unsere Sehnsüchte, die Dinge und Eigenschaften, denen wir vielleicht näherkommen, doch wohl wissend, daß diese zu erreichen uns aber versagt bleiben wird. Obgleich sie uns nicht wärmen aus der Ferne, wir in ihrem Licht nicht einmal die Zeitung lesen könnten: Dieses Glitzern, dieses Funkeln, und die Konstellationen, die in der Wanderung des Jahres unsere Phantasiegebilde quasi Karussell fahren lassen. Sie sind für uns das Unerreichbare, in das zu Erreichen wir doch oft unsere ganze Kraft setzen - so etwa der Glaube an die eigene Vervollkommnung oder gar an die menschliche Vernunft ... So laßt uns denn dies Reisemittel benutzen, um durch das kommende Jahr zu reisen, wie es uns ein faszinierendes Märchen einst prophezeite. Laßt uns die Mittel, die uns gegeben sind, wie die Piloten einsetzen, wenn sie die Systeme ihres Flugzeugs nutzen, um ihren Flug erfolgreich am festgesetzten Ziel zu beenden (den Technikern sei Dank, die diese am Leben halten). Es kostet weder Flugsicherungs- noch Landegebühr und die Wartungskosten sind minimal. Nicht einmal um den Treibstoff müssen wir uns sorgen, denn der "Flammende Stern" in Form von Bereitschaft, Wille sowie Bruderliebe treibt und leitet. Er beinhaltet die Weisheit in uns, die die Richtung weist, und unsere Stärke, die uns dorthin bringt, sowie vollendend die Schönheit, die die Anmut unseres Fluges durch das Jahr ausmacht. Hoffentlich fällt mit diesen Mitteln unsere Landung eleganter aus, als wie es bei den Albatrossen zu beobachten ist.