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Klaus Behrens, 21. 03. 2003

Können im Management Ethik und gelebte Freimaurerei
ökonomischen Erfolg bringen?

In der Wirtschaft scheint gegenwärtig kaum etwas ohnmächtiger zu sein als die Moral. Chemie- und Kernkraftunfälle, Giftmüllskandale, Waffenlieferungen und die unvermindert hohe Arbeitslosigkeit in den ansonsten prosperierenden Industrieländern zwingen in Zukunft Führungskräfte, intensiver über die folgenschweren Auswirkungen ihrer Entscheidungen nachzudenken. In einer auf politischen und ökonomischen Erfolg getrimmten Zeit hat nur jene Moral eine Chance, die sich als strategisches Konzept auf dem Erfolgsweg erweist.

Management als Realisation von nicht primär ökonomischen Werten ist eine seit ca. 10 Jahren mit großer Münze bezahlte Technik, letztlich erfolgreicher und mit einem Minimum an finanziellem Aufwand politische als auch ökonomische Ziele zu erreichen. Aus dieser Sicht ist Moral in genau dem Umfang verwertbar, brauchbar und erheblich, als die Beachtung ihrer Normen sich als hilfreich erweist, die Erträge zu mehren sowie den Aufwand zu mindern. Aufgabe der Moral könnte es dabei etwa sein, die Mitarbeiter zu Fleiß, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Gehorsam anzuleiten. Das alles führt zu Aufwandsminderungen oder Ertragsmehrungen. Eine Moral, die sich nicht in den Dienst des Unternehmens stellen läßt, ist so überflüssig wie ein Kropf am Organismus unserer Gesellschaft. Allenfalls könnte man auch im Rahmen eines Corporate-Identity-Konzepts, in dem Image-Pflege des Unternehmens nach innen und außen eine erhebliche Rolle spielt, an ein "moralisch-ethisches Image" denken, denn das verkauft sich gut und hält Mitarbeiter und Kunden "bei der Stange". In einem "Saubermann-Unternehmen" zu arbeiten bzw. mit ihm Geschäftsbeziehungen zu unterhalten, ist allemal ehrenvoll und schon einen gelegentlichen Aufpreis oder Verzicht wert.

Ich-Identifikation mit etwas moralisch und ethisch Gutem läßt einen selbst besser aussehen. Wer möchte das nicht? Doch die zur Schau gestellte Moral trügt teilweise stark, aber trotzdem sind immer mehr Manager für den Konflikt zwischen Gewinnstreben und Gewissen sensibilisiert. Ein außerordentlich hohes Interesse an Seminaren, in denen die Teilnehmer den Widerstreit zwischen Effektivität und Sittlichkeit zu lösen versuchen, habe ich selbst mehrfach erfahren und miterlebt. Abends, nach den Fachvorträgen in verschiedenen Veranstaltungen präsentierten sich ergänzend mit ihren Zielen und Aufgaben die Vertreter der ortsansässigen Lions- und Rotarierclubs. An den lebhaften interessierten, teilweise tiefgehenden Diskussionen zeigte sich eines ganz klar: Immer mehr Manager und Wissenschaftler versuchen sich intensiv und ernsthaft mit Fragen der Wirtschaftsethik auseinander zu setzen.

Beim thematischen Einstieg über die alten Griechen habe ich mir in meinen Seminar-Unterlagen zum Stichwort Ethik notiert:

Die Ethik des Aristoteles war im wesentlichen teleologisch orientiert. Das "Soll" (das Telos) seiner Ethik war die Verwirklichung eines gemeinsamen Gutes. "Gut" bezeichnet etwas, wonach alle Menschen normalerweise streben. Überzeugend weist er alle Versuche zurück, dieses Gut mit Reichtum, Ehre oder Vergnügen zu identifizieren. Diese Definition der Ethik ist im Geschäftsleben nur schwer, wenn überhaupt anwendbar".

Wir verstehen unter Ethik eine philosophische Disziplin, die über Normen, Grundsätze, Einstellungen, Wertorientierungen sozialer und personaler Systeme, sofern sie unter dem Anspruch eines höchsten Gutes stehen, reflektiert und sie zu begründen, zu legitimieren oder zu kritisieren versucht. Nicht stellt sich Ethik die Aufgabe, vorhandene moralische Normen oder Tugend-Kataloge zu konstruieren und so in einem wissenschaftlichen System (etwa einer konsistenten Theorie) aufeinander zu beziehen oder aus ihr zu generieren. In einer ersten Zuordnung können wir feststellen:

Die Ethik behandelt Handlungstypen (Handlungsethik) und Handlungsdispositionen (Tugendethik) und prüft sie auf ihre Vereinbarkeit mit dem von ihr ausgemachten "höchsten Gut". Ein an diesem Gut orientiertes moralisches und sittliches Gewissen wendet Imperative und Grundsätze der Ethik auf einzelne Handlungen oder Motive an und erkennt so das moralisch oder sittlich Gute einer Handlung oder Handlungsposition. Eine Handlung oder Disposition zu einer Handlung erhält ihre Qualifikation also auf Grund eines kritischen Gewissenurteils. Die Ethik bietet somit die Grundlagen für eine verantwortete Kritik.

Urteile des moralischen oder sittlichen Gewissens sind daher über die moralische oder sittliche Qualität einer Handlung oder Einstellung bzw. Orientierung nur möglich, wenn sie sich in ihrer kritischen Funktion auf wenigstens implizite, etwa im Rahmen einer ursprünglichen Theorie-Praxis-Einheit zur Verfügung stehende ethische Imperative oder Grundsätze beziehen.

Eine moralisch oder sittlich verantwortete Handlung bzw. Einstellung wird nicht selten ethische Imperative oder Grundsätze anderer Lebensbereiche mit zu berücksichtigen haben, die z. B. ökonomisch, ökologisch oder politisch abgestützt sind, was zu einem Konflikt führen kann. Ein Überspringen der erarbeiteten Grenzen führt zu Umweltvergehen, Wirtschaftsskandalen und rücksichtslosen Geschäftspraktiken. Der verantwortungsvolle Konsumenten bezieht heute Vorkommnisse mit in seine Kaufentscheidung ein.

Die Auseinandersetzung mit ethischen als auch moralischen Problemen ist die Herausforderung von morgen. Sie stellt sich uns allen, unserer Gesellschaft wie jedem Unternehmen, denn die Zukunft verlangt ein neues Denken.


Was können wir als Freimaurer aktiv einbringen?
Wozu sind wir alle aufgerufen?

Die Antworten finden wir in unseren freimaurerischen Ritualen. Wir begegnen z. B. folgenden Gedanken:

Zur Besteigung der 7 Stufen trägt der Br. Redner u. a. vor, daß unsere Erkenntnis und Arbeit von nun an nicht mehr auf unser eigenes Selbst beschränkt bleiben soll, sondern daß insbesondere unsere Mitmenschen, die menschliche Gesellschaft uns als Arbeitsfeld für unsere weitergehende Erkenntnis und unser erweitertes Wirken vorgegeben wird.

In einem anderen Ritual heißt es z. B: "Die Freimaurerei ist eine Summe von Pflichten, und ihre Ehren bedeuten neue Lasten. Sind Sie bereit, durch Ihre Erhöhung neue Pflichten auf sich zu nehmen, so bestätigen Sie dieses als redlicher Maurer mit Ihrer Antwort." Weiter heißt es: "Ihre Arbeiten können auch ohne Lohn bleiben, denn wer sät, erntet nicht immer. Sind Sie trotzdem bereit, Ihre Pflichten als Freimaurer getreulich zu erfüllen, so bestätigen Sie dieses mit Ihrem Einverständnis."

In einem weiteren Ritual wird vorgetragen: "Von nun an wird es Eure Pflicht sein, Eure durch die eifrige Arbeit an Euch selbst erworbene Weisheit der Menschheit zu widmen, sollen nicht alle Eure bisherigen Bemühungen ohne Sinn und erfolglos bleiben. Euer Wissen wäre unnütz, wolltet Ihr es nicht um Euch verbreiten, der fortschreitenden Entwicklung dienstbar machen und so zum Wohle der Menschheit beitragen." Auch dieses gelobten wir.

Wir sind aufgerufen und verpflichtet, unser bisheriges Verhalten und unsere Arbeit vom Symbolismus hin zum Aktivismus zu verändern, hin zur Tat. Unübertrefflich sagt unser Bruder Alfried Lehner es in einem seiner Bücher:

"Dem Empfänglichen kann das freimaurerische Ritual eine Erfahrung vermitteln, die ihm gleichzeitig zur Selbsterfahrung wird, und diese wiederum kann zu einer Verhaltensweise führen, die der Schöpfung und dem Mitmenschen in Liebe zugewandt ist; einer Verhaltensweise, die mit allen menschlichen Schwächen, mit unserer Unvollkommenheit behaftet bleibt.
Wir werden keine Heiligen durch die Freimaurerei. Die freimaurerischen Symbole und Rituale stellen aber für den Empfänglichen eine unvergleichbare Chance dar zur eigenen Vervollkommnung, zu mehr Menschlichkeit, Toleranz und Brüderlichkeit im Umgang mit den Mitmenschen und zu einer Verhaltensweise in seinem Wirkungsfeld, die je nach seiner Einflußmöglichkeit ihren Beitrag leisten kann zum Frieden und zur tätigen Hilfe zwischen Menschen und Völkern."

Wir haben uns verpflichtet und gelobt, für die zuvor aufgeführten Ziele tätig zu sein. Ein Ausgleich ist es nicht, diese Verpflichtung mittels Spenden auszulösen, weil man beruflich oder geschäftlich zu stark eingebunden sei. Dagegen findet sich häufig Freiraum für Pflichtübungen auf dem Freizeit-Sektor, welche ja "chic und in sind". Häufig hört man: "Ich habe hier meine Prioritäten gesetzt." Entspricht dieses der freimaurerischen Grundhaltung?

Wir alle haben in unserem Berufs-, Geschäfts- oder Privatleben genügend Möglichkeiten, diesen Umdenkungs- und Änderungsprozeß zu unterstützen, zu beeinflussen, zu vollziehen. Möglichkeiten gibt es genug.

Ehrenamtliche Tätigkeiten an Arbeits-, Sozial-, Handelsgerichten oder ähnlichen Einrichtungen, z.B. in Widerspruchsstellen, helfen nicht nur der Gerichtsbarkeit. In diesen Funktionen haben wir die Möglichkeit, die in unserem Berufsleben gesammelten Erfahrungen auch als Freimaurer in der Urteilsfindung einzubringen. Des weiteren strahlen die gesammelten Erkenntnisse als ehrenamtliche Richter auf den betrieblichen Alltag aus; z.B. wird die nächste Kündigung wahrscheinlich erst als letztes Mittel nach Prüfung anderer Möglichkeiten ausgesprochen. Der Mitarbeiter wird nach einem aufbauenden Kritikgespräch mit dem Vorgesetzten gemäß den arbeitsvertraglichen bzw. ethischen Verpflichtungen mit innerer Einsicht sein Verhalten ändern.

In der Januar-Ausgabe 2003 des Nachrichten-Magazins "Der Spiegel" wurde darüber berichtet, daß in bestimmten Klöstern unter der Leitung und Anleitung von dem Schriftsteller Anselm Grün Seminare für Manager angeboten werden. Anselm Grün ist als Cellerar der Benediktinerabtei Münsterschwarzach verantwortlich für das wirtschaftliche Schicksal von über 20 Betrieben mit rund 300 Mitarbeitern. Die Kunst der Menschenführung erlernte der studierte Betriebswirt und Doktor der Theologie aus der Regel von Benedikt von Nursia, von den Wüstenvätern und von der modernen Psychologie. Pater Anselm Grün gehört zu den meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart und wird von vielen deutschen Topmanagern als geistlicher Berater geschätzt. Die Seminare vermitteln Managern das notwendige Wissen, um der Globalisierung besser begegnen und den Stress wirkungsvoll kompensieren zu können.

Doch welche Seminare werden für die Opfer der Globalisierung angeboten?
Die Opfer bekommen keine Seminare oder geistigen Beistand. Dieses wird von der allgemeinen Wertanalyse nicht vorgesehen. So einfach kann man es sich machen! Es drängt sich Erkenntnis auf:

Die Massenarbeitslosigkeit während der letzten Jahre der Weimarer Republik war sicherlich mit dafür verantwortlich, daß viele Bürger sich nicht für ihren Erhalt einsetzten. Vielen Menschen war ein kommunistisches Regime oder ein nationalsozialistisches System lieber als ein demokratisches, wenn es für Arbeit, Ruhe und Ordnung sorgte. Mir scheint, daß heute viele Politiker sich nicht den Ernst der Lage klarmachen, nicht die Sozial-Unverträglichkeit von mehr als 4,5 Millionen Arbeitslosen bedenken und so nicht die Gefahr erkennen oder wahrhaben wollen, die von der Nicht-Identifikation vieler Bürger mit diesem Staat ausgeht. Das heutige neokonservative Denken leitet die Legitimation des Staates aus dessen Funktionieren her. Für einen demokratischen Staat ist es aber existentiell, sich über der Identifikation der Bürger mit dem Staat zu definieren. Die Geschichte zeigt an vielen Beispielen, daß diese Gefahr für das demokratische System leicht verharmlost wird.

Dieses können Manager mit freimaurerischen Zielen auch nicht schlagartig beheben. Auch wir können nicht die gesamten Tränen der Welt trocknen, werden Sie sagen meine Brüder, womit Sie generell Recht haben. Aber: Manager dürfen und Freimaurer müssen mit ihren Verpflichtungen die Tränen zumindest minimieren. Wir Freimaurer gehen vom Symbolismus zum Aktivismus über, wozu wir ganz besonders in Führungspositionen verpflichtet sind. Hierdurch erlangen wir Achtung, Anerkennung und Vertrauen, woraus sich natürliche Autorität entwickelt. Ein Freimaurer kann über seine Manager-Funktion als Vorbild moralischen Beistand geben. Dieses vermittelt Zuversicht und ist eine Investition für die Zukunft.

Generell müssen wir uns vor jeder Handlung die Frage zu stellen:

"Entspricht unsere Entscheidung den allgemein bekannten Auffassungen von Sozialethik?"

Die Frage nach Ethik ist kaum vollkommen befriedigend zu beantworten. Zumindest sehe ich hier eine Möglichkeit zur Minimierung der Sozial-Unverträglichkeit, trotzdem bin ich nicht ganz zufrieden; leider sind mir aber bei meinen bisherigen Entscheidungen keine besseren Kriterien begegnet.

Des weiteren möchte ich einige Gedanken und Erfahrungen aus dem Gebiet "Führen im Unternehmen" reflektieren.

Im Unternehmen ist die Tätigkeit "Führen" meistens an Management-Funktionen gebunden. Aber was sind die wichtigsten Funktionen?
Die wichtigsten Management-Funktionen bestehen in der Vermittlung zwischen den Interessen von Kapital und Arbeit einerseits und zwischen denen des Systems "Betrieb" mit seiner inneren und äußeren Umwelt andererseits. Management-Führen ist also weitgehend gebunden an Vermittlungs-Funktionen, die einerseits über die Schiene Kommunikation ablaufen und andererseits über die Konflikte, die wegen in der Regel konkurrierender Interessen unvermeidbar sind. Man bestimmt die "Führung" also grundsätzlich als zweifache Optimierungs-Strategie mit dem Ziel, das gestellte Problem optimal zu lösen und zugleich eine potentielle und menschenwürdige Entfaltung zwischen den Personen aufzubauen.

Mit der Einstellung eines Mitarbeiters für eine Tätigkeit (betriebswirtschaftliche Terminologie), dem Kauf einer Arbeitskraft, ist unter keinen Umständen die Verfügung über einen Menschen verbunden. Die Weise, wie über den Menschen Mitarbeiter verfügt wird, ist keineswegs nur ein ökonomisch sondern auch ein ethisch relevant.

Diese Relevanz beginnt bereits bei der Kommunikation. Im Rahmen der kommunikativen Führungstechnik haben wir die Möglichkeit des Sprechens, des Monologs oder der Diskussion in Debatte und Dialog. Sehr oft wird nur von Dialog gesprochen, wo es in Wirklichkeit um eine Debatte geht. Schließlich haben wir noch die Möglichkeit des Beratens.

Im Führungsprozeß ergeben sich leicht aus Vorgaben und Monologen Konflikte, aus dem Wunsch nach einer Vereinbarung aus anfänglicher Debatte und späteren Dialog ein Kompromiß. Gemeinsames Erarbeiten und Beraten sind nur möglich auf einer Basis des Konsenses, der wiederum auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Das Resultat aus Monolog, Vorgabe und Konflikt ist oft ein alles oder nichts. Das Resultat eines Kompromisses beinhaltet Opfer für alle Beteiligten. Nur in einem Erarbeitungsprozeß unter gemeinsamer Beratung auf der Basis eines gemeinsamen Konsenses ist ein Gewinn für beide Seiten möglich.

Im Laufe meiner Berufstätigkeit habe ich festgestellt, daß eine laufende Überprüfung des eigenen Führungsverhaltens mit dem Wissen, daß dieses subjektiv sein kann, dringend erforderlich ist. Mit dem Ziel der Selbsterkenntnis habe ich für mich eine Checkliste zusammengestellt. Dabei versuche ich selbstkritisch folgende Fragen zu beantworten:

Das Ergebnis dieser Fragen zeigt mir die Notwendigkeit der täglichen Arbeit am Rauen Stein in bestimmten Management-Segmenten. Die Bearbeitung dieses Rauen Steins nach der freimaurerischen Lebensweise hat für mich u. a. einen sehr hohen ökonomischen Wert. Da die betriebswirtschaftliche Wertanalyse deckungsgleich mit sehr vielen Grundsätzen in der Freimaurerei ist, wird sie auch den Vergleich mit der erfolgsorientierten "Ellbogengesellschaft" standhalten. Diese Arbeit, meine lieben Brüder, haben wir alle gelobt.
Erfüllen wir unsere Pflicht!


Quellen- und Literaturhinweise