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DER TAROT

die kabbalistische Methode der Zukunftserforschung als Schlüssel zum Okkultismus

von ERNST KURTZAHN
(Daïtyanus)
Zweite unveränderte Auflage 1925

Erster Teil.

Theoretischer und symbolischer Tarot.

II. Kapitel.
Tarot und Kabbala.

Die "großen Arkana" - Tarotkarten 16 - 22

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16. Tarotkarte: "Der vom Blitz getroffene Turm"

(16. Buchstabe Hain).

Hain drückt hieroglyphisch dasselbe aus wie das Vau (6.), nur verkörpert. Es ist das Zeichen des materiellen Empfindens. Noch weiter entartet, bezeichnet und umfaßt es alles, was verkehrt, falsch und schlecht ist.

Astronomisch entspricht Hain dem irdischen Tierkreiszeichen des Steinbocks (Herrscher Saturn).

Diese Karte enthält durch ihre bildliche Darstellung zum erstenmal im Tarot die Andeutung an ein materielles Gebäude: den Turm, was sich im 18. und 19. Arkanum wiederholen wird.

Hier bezeichnet das Turinsymbol die sichtbare Welt, die in der unsichtbaren verkörpert ist. -

Die 16. Karte stellt auch den materiellen Fall Adams dar; bis zum 18. Arkanum wird die Verkörperung immer stärker, bis sie hier ihr Maximum erreicht.

Die Beziehungen dieser Karte sind alle von der Idee des Falles hergeleitet, der Materialisation des geistigen Buchstabens Vau:

  1. Materialisation Gottes, des heiligen Geistes (vgl. Arkanum 3), Eintritt des heiligen Geistes in die sichtbare Welt; der heilige Geist handelt wie der Gott der Materie: "Göttliche Zerstörung",
  2. die Verkörperung des Adam-Eva, welche bis jetzt vergeistigt waren: "Der Fall",
  3. Materialisation des universellen Prinzips: ."Die sichtbare Welt".

17. Tarotkarte: "Die Sterne",

(17. Buchstabe" Phe).

Das Phe ist, hieroglyphisch genommen, von derselben Bedeutung wie das Beth (2.), nur in erweitertem Sinne, während Beth nämlich den Mund des Menschen darstellt, kennzeichnet Phe das Erzeugnis des Mundes: die Sprache.

Es ist also das Phe das Zeichen der Sprache mit allem, was damit zusammenhängt. Besonders das Wort in Wirkung, in der Natur, mit allen seinen Folgerungen.





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(Das johannisevangehum beginnt, wie schon erwähnt, mit dem Satz: Im Anfang war das Wort.)

Astronomisch entspricht Phe dem Merkur, dem Gott der Sprache und des Verkehrs und Austausches jeder Art. Merkur ist der Gott jedweden Wechsels zwischen allen Welten und allen Wesen.

  1. Die Ausbreitung der Fluida,
  2. ihre (der Fluida) ewige Erneuerung.

Die bildliche Darstellung zeigt ein jugendliches Mädchen, die aus zwei Gefäßen das Wasser des universellen Lebens gießt.

Der Genius der Sonne (19. Arkanum) ist in der Gestalt dieses Mädchens zur Erde herabgestiegen, die Flüssigkeit, die sie früher aus einem Gefäß in das andere goß, gießt sie nun auf die Erde aus (l. Idee). Die Jungfrau ist von den sieben Planeten urngeben; in ihrer unmittelbaren Nähe ruht ein Schmetterling auf einer Blume (bisweilen ist an dieser Stelle auch ein Ibis abgebildet).

Hier nun sehen wir das Symbol der Unsterblichkeit: Die Seele (der Schmetterling) wird den Körper überleben, der allein nur gleich der Blume vergänglich ist. Der Mut aber, diese Prüfung (den Tod) zu ertragen, kommt von den Sternen.

Kaum hat sich der Fall des Göttlich-Menschlichen in die Materie vollzogen, so flüstert eine geheimnisvolle Stimme dem Sünder Mut zu, ihm seine zukünftige Wiedereinsetzung durch Prüfungen anzeigend.

In dieser Karte kann man deutlich einen Ausgleich der üblen Wirkungen der vorigen Karte erblicken, was folgende Bedeutungen kuhgen der vorigen Karte erblicken, was folgende Bedeutungen zuläßt:

  1. Widerstand gegen Zerstörung. Keine Zerstörung aber ist endgültig. Alles ist unsterblich und ewig in Gott! Unsterblichkeit. Erschaffung der menschlichen Seele,
  2. der Fall ist nicht unwiderruflich, das wird von dem inneren Gefühl bestätigt, das man Hoffnung nennt,
  3. die Quelle seiner Vergöttlichung liegt in dem sichtbaren Universum selbst, das ist: Die Kraft, welche die Essenz des Lebens aussendet. -

18. Tarotkarte, "Der Mond" ,

(18. Buchstabe Tsade).

Tsade drückt als hieroglyphische Idee zwar dasselbe aus wie Teth (9.), aber Tsade bezeichnet hauptsächlich eine Grenze, ein Ende, ein Ziel. Tsade ist ein Schlußzeichen, das sich auf alle Ideen der Begrenzung und Loslösung, von Teilung und Ziel bezieht.





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Tsade gilt als einfacher Buchstabe und entspricht astronomisch dem (luftigen) Zeichen des Wassermanns.

Bisher sind wir den Stufen nachgegangen, welche der Geist in seinem allmählichen und gänzlichen Fall in die materielle Welt hinabstieg. Jetzt ist alles beendet, der Geist ist vollkommen materialisiert; der Punkt dieser Wandlung wird durch die 18. Karte angezeigt. Die Karte stellt eine nur schwach beleuchtete Wiese dar, denn das Licht, das Symbol der Seele, erreicht den Menschen nicht mehr, die materielle Welt wird nur durch Reflex erleuchtet.

Auf jeder Seite der Wiese steht ein Turm, was bedeutet, daß die materielle Welt der letzte Punkt ist, den der Gott erreichen kann, niedriger kann er aber nicht herabsteigen, das wird durch die Begrenzung der Türme gezeigt. Sind auf der Karte vom Mond ausgehende Blutstropfen dargestellt, so zeigen diese, wo nicht, nur das Mondlicht, das Herabsteigen des Geistes in die Materie an.

Im Vordergrund heulen ein Hund und ein Wolf gegen den Mond, im Hintergrund kriecht eine Schlange aus dem Wasser.

Dienstbare Geister (Hund) und wilde, bösartige, außerdem kriechende (Schlangen) sind alle anwesend, um bei dem Fall der Seele mit dabei zu sein, um womöglich denselben noch zu vertiefen.

Hieraus ergibt sich:

  1. Ende der göttlichen Materialisation, Endpunkt der Verwirklichung: Chaos,
  2. Ende der Materialisation des Menschen: Der materielle Körperr und seine Leidenschaften, Stoff.

Mit der Involution, d. h. dem Herabsteigen des Geistes in die Materie endet die III. Siebenheit. Die drei letzten Karten des Tarots werden uns dagegen zeigen, wie alle ausgestrahlten (emanierten) Kräfte durch Evolution (Entwicklung) zu ihrem gemeinsamen Ursprung, Prinzip, zurückkehren.

19. Tarotkarte: "Die Sonne",

(19. Buchstabe Coph).

Hieroglyphisch bezeichnet Coph eine Waffe, ein Instrument, kurz alles, was für den Menschen nützlich ist, ihn verteidigt und ihm eine Anstrengung abnimmt.

Das Coph ist daher besonders ein schneidendes Zeichen, ferner aber auch zusammendrängend und zusammenziehend ebenfalls ist es





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das Bild einer zusammengezogenen, eingeschränkten Form und läßt die Idee der materiellen Existenz entstehen.

Dieser Buchstabe stellt das mit ihm sehr verwandte Zeichen Caph (11.) vollständig materialisiert dar, indem er sich selbst auf ganz physische Objekte richtet. - Geben wir hier seine Progression an:

  1. He (5.), universelles Leben,
  2. Cheth (8.), elementare Existenz, das Resultat der Natur,
  3. Caph (11.), Leben, das nach körperlichen Formen drängt,
  4. Coph (19.), materielle Existenz, die zur Vermittlung (Medium) der Formen wird.

Coph ist ein einfacher Buchstabe und entspricht in astronomischer Hinsicht dem (luftigen) Zeichen der Zwillinge.

Das Bild der 19. Karte stellt zwei nackte Kinder dar, die sich von einer Mauer, oder richtiger, von einem Athanor (alchimistischer Schmelzofen) abheben.

Die fünf(!)strahlige Sonne sendet ihre Strahlen auf die Kinder, und Goldtropfen fallen hernieder. Das heißt: Der Geist macht wieder seinen Einfluß geltend. Er ist kein Lichtreflex mehr wie im vorigen Arkanum, sondern das direkte schöpferische Licht Gottes überflutet die Kinder, die unschuldsvoll, mit seinen Strahlen.

Der alchimistische Schmelzofen deutet an, daß wir zwar noch auf der materiellen Welt sind, daß es aber dem erwachenden Geist gelungen ist, das leuchtende Gold der Erkenntnis im Schmelztiegel des eigenen Ichs zu erzeugen. Die beiden Kinder symbolisieren wieder das Positive und Negative der neuen Kreatur.

Es resultiert:

  1. Das Erwachen des Geistes, Übergang aus der materiellen Welt in die göttliche, die Natur, die die Funktionen Gottes erfüllt: Die Elemente,
  2. der Körper des Menschen findet Erneuerung: Ernährung, Verdauung,
  3. auch die materielle Weit beginnt ihren Aufstieg zu Gott: Das Mineralreich.

20. Tarotkarte: Das (jüngste) Gericht,

(20. Bchst. Resch).

Hieroglyphisch bedeutet Resch das Haupt des Menschen und steht daher in enger Beziehung zur Idee von allem, was in sich eine ursprüngliche, bestimmte Bewegung hat. Es ist das Zeichen der Bewegung selbst, im bösen Sinne wie im Guten, und kennzeichnet daher die Erneuerung aller Dinge in Hinsicht auf ihre eigentümliche Bewegungskraft.





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Das Resch ist ein doppelter Buchstabe und entspricht astronomisch dem Saturn.

Die bildliche Darstellung der Karte ergibt zunächst einen schwebenden Engel, umgeben von einem Strahlenkranz, der die Posaune des jüngsten Gerichts ertönen läßt, zwei weitere Posaunen in der anderen Hand bilden ein Kreuz; durch die Gesamtzahl drei der Trompeten wird wieder die Dreiheit betont (Dreiklang Jod-He-Vau).

In der Erde öffnet sich eine Gruft, und ein Kind windet sich daraus empor, während ein Mann und eine Frau schon nebst mehreren anderen Auferstandenen die Hände zum Himmel erheben, bzw. angstvoll ihr Gesicht verbergen.

Könnte man die Wiedererweckung der Natur unter dem Einfluß des "Wortes" treffender darstellen?

Aus der Hieroglyphe und ihrer angewandten Symbolik folgt:

  1. Rückkehr zur göttlichen Welt, d. h. der Geist gelangt endlich wieder in den Besitz seiner selbst: Ursprüngliche bestimmte Bewegung,
  2. das Leben erneuert sich durch seine eigene Bewegung: Vegetabiles Leben, Atmung,
  3. die materielle Welt schreitet in ihrem Aufstiege zu Gott gradweise fort.

(21.) Unnumerierte 0 Karte des Tarots:

"Der Narr",

(21. Buchstabe Shin).

Die symbolische Bedeutung des Shin entspricht derselben symbolischen Bedeutung wie Zain (7.) und Samech (15.). Das ist: ein Bogen, der auf sein Ziel gerichtet ist, wenn man will, auch ein Objekt. Die Bewegung, die im Zain (Pfeil) in der geraden Linie und im Samech kreisförmig wurde, nimmt hier die Form einer Schwingung von Pol zu Pol an mit einem unbeständigen Gleichgewichtszentrum. Das Shin ist somit das Zeichen aller relativen Dauer und der sich darauf etwa beziehenden Bewegung im Gegensatz zu Samech der rein kreisförmige Bewegung ausdrückt.

Shin ist einer der drei Mutterbuchstaben, unter denen es aus hier nicht zu erörternden Gründen den höchsten Rang einnimmt.

Die bildliche Darstellung zeigt (bei allen Ausgaben) einen sorglos aussehenden Mann, der eine Narrenkappe und unansehnliche Kleider trägt. Er hat auf einem Stab ein Bündel, das über dem





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Rücken hängt, und kümmert sich um nichts, weder um einen Kater, der ihm anhänglich folgt, noch um einen nahen Abgrund, dem er zuschreitet.

Es ist ein Bild desjenigen Zustandes, zu dem sich der Mensch erniedrigt, wenn er sorglos allen seinen gerade auftauchenden Leidenschaffen nachgeht. Daher ist das Arkanum 0 das Symbol deg Fleisches und seiner Befriedigung. Es folgt daraus:

  1. Schnellere Rückkehr zur göttlichen Welt. Die Persönlichkeit behauptet sich: Die Bewegung von relativer Dauer,
  2. der Intellekt erscheint roh unter dem Einfluß seiner Entwicklung: Instinkt,
  3. die Materie der Welt erreicht den Gipfelpunkt ihres materiellen Fortschritts: Das Tierreich.

22. Tarotkarte: "Die Welt",

(22. Buchstabe Thau).

Das Thau hat dieselbe hieroglyphische Bedeutung wie Daleth (4.): der Schoß, betont jedoch die Gegenseitigkeit, Wechselwirkung, kurz, es bietet ein Bild alles dessen, was wechselseitig und rückbezüglich (reziprok) ist.

In dem ursprünglichsten Alphabet wurde das Thau auch durch ein Kreuz dargestellt (so wie es die Karte des Gauklers im Hintergrunde zeigt).

Thau ist doppelt und stellt in astronomischer Beziehung die Sonne vor 1).

Die figürlichen Darstellungen auf der Karte geben wieder: In der Mitte eines Kreises steht eine fast unbekleidete weibliche Person, die einen Zweig in der Rechten trägt, zwischen zwei pyramidenähnlichen Säulchen. In den vier Ecken der Karte, außerhalb des von einer sich in den Schwanz beißenden Schlange gebildeten Kreises, sind die vier apokalyptischen Tiere, oder die vier Formen der Sphinx, abgebildet:

Oben links den vollendeten, engelgleichen Menschen, rechts den Adler, links unten den Stier und rechts unten den Löwen; die letztgenannten drei Tierbilder entsprechen den in der Menschheit überhaupt nur vorhandenen Klassen, also im ganzen vier, in deren eine ein jeder Mensch einzureihen ist.

Das junge Arkanum stellt den Makrokosmos und den Mikrokosmos dar: Weltall und Mensch, oder Gott und die Schöpfung.




    1) Wegen Raummangel ist es nicht möglich, mehr als die bisherigen kurzen, aber sehr wichtigen astronomischen Beziehungen der hebräischen Buchstaben zu geben. - Anmerkung des Verfassers!



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Die vier Eckfiguren symbolisieren aber auch noch die vier Buchstaben des göttlichen Namens Jod-He-Vau-He, oder auch die viergroßen Symbole des Tarots:

1. Der Mensch= Stäbe= Jod= Feuer,
2. Der Stier= Kelche= He= Wasser,
3. Der Löwe= Schwerter= Vau = Erde,
4. Der Adler= Münzen= 2. He= Luft.

Verbindet man nun 1 mit 3 und 2 mit 4, so kreuzen sich die Verbindungslinien mitten in der Figur, die die Welt darstellt; die überall vorhandene Dualität, oder sagen wir lieber Polarität, wird hier durch die beiden Pyramiden gekennzeichnet.

Im Verein mit der kreisförmigen Schlange ergeben die erwähnten, sich schneidenden Verbindungslinien das deutliche Bild eines - Rades - lateinisch Rota anagrammatisch Tarot.

Endlich verkörpert die Mittelfigur die Menschheit Adam-Eva als das dritte Glied in der großen Gruppe des Absoluten, genannt auch:

Das undurchdringliche Absolute, En-Soph
bei den Kabbalisten, und
Parabrahma
bei den Hindus.

Es entsprechen:

  1. Das undurchdringlich Absolute, Gott der I. Siebenheit,
  2. Die Seele des Absoluten, Mensch der II. Siebenheit,
  3. Der Körper des Absoluten, Universum der III. Siebenheit.

Das 22. Arkanum enthält also, wie das erste, wieder den ganzen Tarot nebst seiner umfassenden Symbolik, denn die Siebenzahl erscheint in der Mitte dargestellt durch 2 Pyramiden, 4 Gliedmaßen, und endlich durch das Haupt des Weibes.

Diese Siebenzahl aber steht im Mittelpunkt von drei Kreisen: der inneren Schlangenlinie, der äußeren Schlangenlinie und dem durch die vier Eckfiguren markierten Kreis.

Ergebnis: 3 X 7 = 21= Anzahl der großen Arkana.

Damit haben wir die Besprechung der 22 "großen Arkanal' beendigt. Wir sind im großen und ganzen treu unserem unvergleichlichen Führer auf diesem Gebiet, Dr. Gerard Encausse (Papus), gefolgt, dessen wundervolles Werk: "Le tarot des Bohémiens" wohl die gründlichste Arbeit darstellt, die auf diesem Gebiet der Kabbala jemals geleistet worden ist. Es ist hier ein Versuch gemacht, etwas von dem Geiste des großen Kabbalisten dem deutschen Volk zu geben, das bis jetzt kein einziges abgeschlossenes Werk über diesen für fast jedermann hochinteressanten und - verhältnismäßig auch leicht zugänglichen Teil kabbalistischen Wissens hatte.





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Um aber eiligen und ungeduldigen Lesern entgegenzukommen sowie auch gelegentliches schnelleres Nachschlagen zu ermöglichen, geben wir sämtliche Werte und Beziehungen der großen Arkana noch einmal in übersichtlicher Tabellenform wieder. (Siehe Seite 73 - 75.)

Wir hoffen, daß uns hierfür der Leser ebenso Dank wissen wird, wie für die am Schluß des 1. Teils bildlich gegebene Darsfellung des ganzen Tarots.