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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Drittes Capitel



Ein jeder Mensch hat seine ihm eigene Denkungsart, aus welcher hernach seine Gesinnungen entspringen. Die Denkungsart ist fast so mancherley, als es einzelne Menschen giebt, und die Aehnlichkeit, die sich unter den verschiedenen Arten derselben befindet ist die Mutter Freundschaft.

Die Freymaurer sollten sich daher angelegen seyn lassen, über die vorkommenden Dinge auf eine ziemlich gleiche Art zu denken; dieses ist der Kütt ihrer Vereinigung, der Ursprung ihres Vergnügens, und dasjenige, wodurch sie sich





ihr Leben erträglich und ihre Tage kostbar machen.

Ein Bruder, der seinen Verstand schärfen und einstens mit demselben dem Orden dienen will, muß von den ihm vorkommenden Dingen und Gegenständen so bey sich urtheilen, als sie wirklich sind. Das sicherste Mittel hierzu ist, sie von den Gegenständen abzusonderndern, unter den sie sich seinen Augen darstellen. Der Unterschied der Stände und des Glücks gilt in seinen Begriffen nichts, ob es gleich die Klugheit fordert, es zu verbergen. Auf diese Weise bleibt ihm das Laster in der Hoheit so gehäßig, als im Staube; die Tugend im Kittel so liebenswürdig, als auf dem Thron.

Hierhin besteht die rechte Freyheit im Denken derjenigen, so sie vor ihrer Aufnahme in den Orden besitzen; sind eigentlich die Freygebornen, so würdig geachtet werden, in das Heiligthum zu treten.

Die Maurerey hat sich gewisse Sinnbilder gewählet, als da sind: Freyheit, Schönheit, Gleichheit, Stärke; Wörter, mit welchen sie wichtige Begriffe verbindet.

Ein wahrer Bruder muß gleichsam ein jedes davon seiner Denkungsart überlassen und einverleiben.

Wer ohne Vorurtheile, das ist, wer frey denket, kann sich seiner Stärke des Geistes, ei-





ner Gleichheit der Gesinnungen einer schönen Seele rühmen.

Ein ächter Bruder muß um dieser Absicht willen auf sich selbst und das innerste seiner Gedanken Acht geben. Einen Gegenstand bey einer aufsteigenden Leidenschaft zu betrachten, ist eben so viel, als mit Vorurtheilen zu denken; und wo dieses ist, da fehlet die Freyheit.

Auf die Beschaffenheit des Herzens gründen sich die Empfindungen des Herzens, welche der Freymaurer haben soll. Ein gute und ein böses Herz sind Dinge, vovon täglich geredet, wovon man stündlich Erscheinungen gewahr wird, ohne eigentlich im Stande zu seyn, sie zu beschreiben.

Das gute Herz muß empfunden, und das böse an andern erkannt werden.

Von den letzten sind die Unruhen des Geistes und die Unbeständigkeit in den Handlungen sichere Merkmale. Ein Freymaurer muß ein gutes, ein großmüthiges Herz haben, weil es eine Quelle der guten Eigenschaften ist, die man von einem wahren Bruder Freymauer verlanget.

Dieses ist die Grundregel, wornach Brüder, so sich aufnehmen lassen wollen, müssen beurtheilet werden.

Ein Mensch mit einem bösen Herzen ist ganz und gar untüchtig für den Orden. Warum?





er ist untüchtig zur Freundschaft. Wird ein Bruder ein solches Mitglied gewahr, so kann er sicher glauben, daß er durch unrechte Wege, oder weil er nicht genugsam erkannt worden ist, in die Loge gekommen.

Es ist schwer, alle Merkmale eines guten Herzens zu bestimmen, das böseste Gemüth borget auf einige Zeit das Ansehen des Guten; inzwischen bleibt doch eine Regel gewiß: ein Mensch, der nicht empfindet, der nicht mitleidig ist, der alles in Beziehung auf sich und aus Eigennutz thut, hat nimmermehr ein gutes Herz.

Die nöthigen Eigenschaften, so die Loge von ihren Gliedern fordert, machen eines Freymaurers Tugenden aus; Tugenden, die ihn auch außer dem Orden können glücklich machen. Ein Theil davon entspringet aus der oben beschriebenen Beschaffenheit des Herzens, der andere aber wird durch die Einrichtung des Ordens nothwendig.

Die Uneigennützigkeit gründet sich auf das gute, auf das großmüthige Herz. Ein Mensch, der das Geld liebt, wirds allezeit mehr lieben, als seine Freunde. Güter müssen als ein Mittel, wodurch man lebe, nicht eben als ein Gegenstand, um deswillen man hier ist, angesehen werden. Um die Uneigennützigkeit auf die Probe zu stellen, haben die Logen vor langer Zeit festgesetzt, ein geringes Geld von einem aufzu-





nehmenden Bruder zu fordern, dessen seine Umstände durch eine kleine Summe nicht verschlimmert werden. Bey einem Bruder, den die Noth drückt, fällt diese Probe weg, und er muß durch andere Wege erkannt werden. Es sey ferne, daß diese Uneigennützigkeit die Thüre zur Verschwendung eröffne; ein Verschwender ist nur freigebig in Beziehung auf sich selbst. Sein Vergnügen und Beförderung seines eitlen Ruhms öffnen seinen Beutel. Die Großmuth ist von einer andern Art, sie ist eine Haushälterinn, die ihren Vorrath bis zur Zeit der Noth aufhebt.

Die Gefälligkeit, auch eine wichtige Tugend der Freymaurer, wird durch das gute Herz hervorgebracht. Dies redliche Wesen eines guten Willens gefällt ohne Zwang, das Gefällige zwischen Freunden macht ihren Umgang immer angenehmer, und nähret das Feuer der Freundschaft, welches, wann es nur allein durch wirkliche Dienstleistung unterhalten werden sollte, gar bald erlöschen würde. Ein Bruder muß daher gegen den andern so viel Gefälligkeit haben, als ihm möglich ist, niemals muß er seinem Bruder einen Zwang anthun, oder ihm zur Last fallen, so wird der Kaltsinn verhindert, und die Freundschaft dauerhaft gemacht.

Die Beständigkeit. Wer mit einer festen Denkungsart einig geworden, sichere Gesinnung heget, und richtige Entschließungen fasset,





der ist in seinem Gemüthe beständig. Der Orden verlanget mit Recht von seinen Mitgliedern die Beständigkeit, weil er sich auf einen wankelmüthigen Menschen niemals eine sichere Rechnung machen kann. in dieser Beständigkeit liegt der Eifer für dem Orden, eine Eigenschaft, welche uns unsere Oberen so häufig anpreisen, der Eifer, welcher durch fleißige Zusammenkünfte unterhalten, und durch den Umgang mit rechschaffenen Brüdern vermehrt werden muß.

Die Verschwiegenheit. Unter den Eigenschaften, so man Ordenstugenden nennen könnte, hat die Verschwiegenheit den vornehmsten Platz, ihr vertrauet der Orden seine Geheimnisse an, weil er sich unter ihrem Schutze sicher zu seyn denket. Diese Tugend ist nicht so leicht auszuüben, als man glaubt; es giebt Leute, denen ein Geheimniß eine unerträgliche Last zu seyn scheinet. Sie haben die Gewohnheit, sich merken zu lassen, daß sie etwas verschweigen sollen, und dies ist der erst Schritt zur Entdeckung. Ein Freiymaurer flieht dieses kindische Bezeigen, bey den größten Geheimnissen müssen seine Reden so eingerichtet und gleichgültig seyn, als wenn er von nichts wüßte, und auf diese Weise kostet das Schweigen keine Mühe.

Die Behutsamkeit muß die Verschwiegenheit begleiten, sie erstrecket sich aber noch weiter als die letztere, denn sie giebt - nicht allein





die Reden, sondern auch auf die Handlungen Acht. Sie ist es, die mit den unter uns bekannten Kennzeichen, wodurch man fremden Brüdern Gelegenheit geben kann, sich zu entdecken, so sparsam verfährt. Sie muß einen Freymaurer in die Gesellschaft begleiten, und daselbst muß ihm kein Wort, keine Miene entgehen.

Sie hält die Gegenwart des Geistes, eine vortrefliche Eigenschaft für einem eifrigen Bruder, in beständiger Munterkeit.

Die Unerschrockenheit. Der Orden begehret von seinen Mitgliedern, daß sie unerschrocken seyn sollen. Die Unerschrockenheit ist das Siegel der Verschwiegenheit. Niemals ist ein Geheimnis vor der Gewalt sicher, wenn derjenige, der es bewahren soll, nicht Muth und Standhaftigkeit genug besitzet, die drohende Gefahr zu verachten. Es erinnere sich ein Bruder desjenigen, was man bey seiner Aufnahme mit vorgenommen, so wird er erkennen, daß die Loge eine solche Eigenschaft der Unerschrockenheit von ihm verlangt habe.