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Der Philosoph Karl Christian Friedrich Krause

Krauses Wissenschaftssystem
Das Neue der Grundwissenschaft (Wesenlehre)

Dr. Siegfried Pflegerl, Breitenfurt

Bevor wir Krause selbst zu Wort kommen lassen, sei eingangs ein kurzer Abriss darüber gegeben, was dieses System für die Wissenschaft bedeutet. Es werden auch Hinweise auf Arbeiten des Autors gegeben, wo hier nicht erwähnte Aspekte berücksichtigt sind. (Fußnote 1)

Wie Krause selbst ausdrücklich betonte, handelt es sich bei seinem System um eine evolutionslogische Neuerung der Philosophie. Im Rahmen der Entwicklung der Menschheit reicht diese über alle bisherigen Bemühungen der Philosophiegeschichte hinaus. Hierbei geht es nicht nur darum, dass er die Erkenntnistheorie, Logik, Mathematik und Sprachphilosophie revolutionierte, er wies auch in allen bisherigen Systemen die schädlichen und gefährlichen sozialen Folgerungen für die Entwicklung der Gesellschaften nach. Von besonderer Bedeutung ist daher seine Auseinandersetzung mit den Systemen Kants und Hegels, die er ausführlich kritisierte (41) . (Fußnote 2) Er entwickelte eine neue Erkenntnistheorie, welche die Erkenntnistheorie Kants präzisierte, dessen Kategorien relativierte und insbesondere die Anleitung zur Erkenntnis des absoluten und unendlichen Grundwesens enthält, die man als essentialistische Wende bezeichnen könnte. Unter der Voraussetzung, dass dem Leser diese Erkenntnis gelingt, breitet die Grundwissenschaft vor ihm die absoluten und unendlichen Kategorien der göttlichen Essentialität aus, welche die konstitutiven und regulativen Prinzipien zur Begründung aller Erkenntnisse darstellen. Diese Kategorien sind ein Neuanfang der Philosophie. In der Neuausgabe (69) hat der Autor den Bezug dieser Grundpositionen zu den wichtigsten zeitgenössischen Strömungen expliziert. (Fußnote 3) Vor allem wird aber auch gezeigt, inwiefern durch diese Kategorien die Grundlagenkrise der Mathematik zu beheben ist. Es ist klar, dass hierdurch sowohl die Grundlagen der bisherigen formalen Logik (Fußnote 4) wie auch jene der Hegel'schen Inhaltslogik, die auch im Marxismus grundlegend ist, in einer neuen Inhaltslogik (synthetische Logik) in (33) überwunden werden. Kein einziger Philosoph hat sich bisher mit der synthetischen Logik auseinandergesetzt. Mit der Weiterbildung der derzeitigen formalen Logik und Mathematik ergeben sich auch für die Naturwissenschaften grundlegende Veränderungen.

Die Grundwissenschaft ist aber auch für die Neugestaltung und Vollendung aller anderen Wissenschaften und Künste konstitutiv. Das Werkverzeichnis Krauses im Anhang zeigt, für welche Bereiche er dies selbst leistete: Ethik; Ästhetik; Soziologie (Grundrisse allharmonischer Sozialformationen, Urbild der Menschheit und Menschheitsbund); Sprachphilosophie mit neuen Aspekten für Pragmatik; Semantik und Syntaktik; Rechtsphilosophie mit der Entwicklung neuer Menschenrechtskategorien, einer neuen Staatstheorie, Grundrissen eines europäischen Staatenbundes und eines globalen Staatenbundes der Erde; Religionsphilosophie; Evolutionstheorie sozialer Systeme; Kritik der Philosophiegeschichte und Naturphilosophie.



In (45) versucht Krause darzustellen, worin die bedeutenden Neuerungen seiner Arbeit liegen. Hier einige Zitate:

"Diese Schrift nun soll zugleich eine Ankündigung dieses meines großen und schönen Unternehmens sein, welches in treuer Gottinnigkeit (Weseninnigkeit), der Menschheit zu Liebe, aus Pflicht, begonnen ist und fortgeführt werden soll. Die Menschheit durch meinen Wissenschaftsgliedbau zum Beginn des reinen, ganzen Wesenslebens zu wecken, zu ermuntern, zu bekräftigen.

Ich rufe die Menschheit auf zu dem einen ihrer glaubwürdigen Grundwerke, dem Wissenschaftbau, und biete ihr in Achtung und Liebe einen gesunden Neu-Anfang dar, sowie derselbe mir, dem Einzelmenschen, dem Menschenverlassenen, vom Vatervolke und von der Menschheit Verlassenen, in treuester Arbeit möglich geworden" (S. 4).

"Mein Beruf: die Erdmenschheit zu vollem Selbstbewusstsein in Gott und zu vollwesentlichem Vereinleben mit Gott zu wecken und anzuleiten, ist der erhabenste, würdevollste, den ein endliches Vernunftwesen im ganzen Weltall haben kann" (S. 5).

"Man wird es tadeln und unbescheiden finden, dass ich meinem System einen so hohen Rang selbst anweise. Es ist ja aber und soll nicht erstwesentlich von mir die Rede sein, sondern von der Wahrheit, die ich erkenne, und deren Herold ich bin. Auch bleibt ja dadurch die Geistfreiheit eines Jeden unbeschränkt und ungekränkt, selbst zu prüfen, und mir entweder beizustimmen, oder meine Behauptungen als, 'unbefugte Anmassungen' zu verwerfen" (S. 7).

"Ob die Menschheit mich als Wesenlehrer und als Wesenlebenlehrer und als Wesenbelebiger der Menschheit erkennen und anerkennen werde, das steht bei Gott. Aber nach Gottes Willen, und auf Gottes Geheiss, soll ich dies Zeugnis über mich selbst ablegen: wenn anders auch hierzu noch Zeit zu leben mir von Gott vergönnt wird; - wo nicht, - dann werden meine trauten Freunde Zeugniss geben" (S. 8).

"Die Philosophie der Geschichte lehrt: die Menschheit ist auf Erden bis heute, stetig fortgeschritten; sie hat den Beginn ihres dritten Hauptlebenalters, des der Reife, ebenjetzt erreicht, und noch nie hat Gott sich der Menschheit auf Erden so innig und tief, so klar und reich geoffenbart, als heute geschehen ist und immer mehr geschieht. Die Wesenlehre, schon in der beginnenden Gestaltung worin ich sie darstelle, enthält mehr ewige Offenbarungen Gottes, als irgend eines der bisherigen Lehrsysteme und Religionssysteme auf Erden" (S. 12).

"Da die Wesenlehre das Eine, selbe, ganze, gliedgebildete und ferner ohne Ende gliedzubildende Erkennen, - das Wahre selbst - ist, so kann sie auch nur nach ihrer eignen Wesenheit, nur in und durch ihren eignen Inhalt, nur in und durch die Wesenschauung erfasst, verstanden, beurteilt und gewürdigt werden; sie ist sich selbst ihr eignes Mass, auf ähnliche Weise, wie ein schöner Leib - schon ein schönes Gebäude - sein eigenes Maß an sich selbst hat. Sie kann daher nur selbwesentlich verstanden und gewürdigt werden, auf ähnliche Weise, wie der menschliche Leib, welcher nicht nach irgend einer Art, oder nach allen Arten von Thierleibern beurtheilt werden darf und alle seine Masse in sich selbst hat, - Zolle (pollices), Spannen, Handlängen (palmae), Füsse, Gesichtslängen u. s. w. Vielmehr ist es einzig die Wesenlehre, wodurch und wonach alle frühere, oder verspätet theilheitliche Wissenschaftssysteme erfasst, verstanden, beurtheilt und gewürdigt werden können und müssen, sowie alle andere allartige Thierleiber nach dem Menschenleibe, welcher das gemeinsame Grundmass für sie alle an und in sich hat" (S. 73 f.).

"Dieses System hat als sein Princip den Einen ganzen Gedanken Gottes, als unbedingten Wesens, von unbedingter Wesenheit; nicht aber das Absolute, die Identität der Identität u.s.w., noch irgend eine einzelne göttliche Wesenheit als solche.

Der Geist, der, von seiner Selbstbetrachtung ausgehend, zu der Erkenntniss und Anerkenntniss Gottes sich erhoben hat, betrachtet sodann im Lichte des Principes alle Dinge und findet sodann auch sich selbst als in Gott, unter Gott, durch Gott - wieder und vollendet dann erst auch seine Selbsterkenntniss als Selbstwissenschaft.

Wird unter: Theosophie bloss ein wissenschaftlich unbefugtes, schwärmendes Ahnen und Meinen von Gott und vom Verhältniss Gottes und der Welt gedacht, so kann die Wesenlehre nicht Theosophie genannt werden; bezeichnet aber dieses Wort, der Absicht seiner Urheber und der sprachlichen Abstammung gemäss, Erkenntniss, d. i.: wissenschaftliche Einsicht, von Gott und dem Verhältnisse Gottes und der Welt, so ist allerdings die Wesenlehre Theosophie und allein Theosophie. Versteht man ferner unter dem Mystischen das vorwissenschaftliche Ahnen und Meinen, zugleich mit der geheimnissvollen Erregung und Bewegung, worein das Gemüth dadurch versetzt wird, so ist die Wesenlehre durchaus nicht mystisch: versteht man aber unter dem Mystischen die auch wissenschaftlich begriffene Einwirkung der wissenschaftlich erkannten Wahrheit des Gliedbaues der Wesenlehre, als eines ohne Ende in klarer Erkenntniss zu entfaltenden Geheimnisses (Or-om-innignisses), welches auf ewige Weise daheim, heimisch ist in dem gottinnigen Geiste, auf Geist, Gemüth und Willen: so ist die Wesenlehre zugleich die echte Mystik, - welche gegründet ist in dem Verhältnisse des endlichen Geistes und Gemüths zu seiner unendlichen Aufgabe des gottähnlichen Erkennens und Lebens. Die mystische Stimmung des Geistes und Gemüths streitet gar nicht mit dem reinen strengwissenschaftlichen Geiste, sie geht vielmehr aus diesem im Überblick der wissenschaftlichen Wahrheit immer inniger, stärker, ahnungsreicher, aber zugleich auch immer besonnener hervor, übereinstimmig mit der besonnenen Kunstweisheit des Lebens. Denn, wie sich verhält Wissenschaft zu Ahnung, so verhält sich wissenschaftlicher Geist und Sinn zu mystischem Geist und Sinn. Das, was in gottinniger Ahnung mystisch erfasst wird, soll stufenweis in wissenschaftliche Einsicht verwandelt werden, wodurch dann aber sich wiederum ein immer innigeres und reicheres Gebiet der mystischen Ahnung eröffnet, sowie dem fortschreitenden Wanderer nach dem entfernten Hochgebirg die zuvor nebelhaft erscheinende, nun nächste Gegend zur lichten Anschauung wird, aber, wenn er auf eine Höhe gelangt, sich ihm aufs Neue in grauer Ferne eine weitere und reichere Aussicht in die Gegend eröffnet, die er in der Folge, sie klar schauend, durchwandern wird. Die wissenschaftliche Einsicht lässt also dem mystischen Glauben sein Gebiet, eröffnet und erweitert es ihm. Zugleich aber wird nur durch wissenschaftliche Einsicht auch dies bewirkt, dass die mystische Stimmung nicht in Nebelträumerei, nicht in Schwärmerei des Gedankens und Gefühls und weiter in Wahneifer (Fanatismus) ausarte: denn die wissenschaftliche Einsicht des endlichen Geistes ist zugleich Einsicht in seine Beschränktheit, nach deren verschiedenen Arten und Stufen. Sie gibt dem Menschen in Ansehung seines Verhältnisses zu Gott durch ihre fortschreitende Belehrung zu dem Gottmuthe auch Demuth und Bescheidenheit: sie erweckt und nährt die heilige Scheu eines keuschen und frommen Gemüthes, dass es über individuelle göttliche Verhältnisse und Wirkungen nicht unbefugt aburtheile, und bewahrt den Geist davor, dass er sich eitel und eigenliebisch mit vermeinten individuellen Offenbarungen Gottes selbsttäusche" (S. 88 f.) . (Fußnote 5)

"Die Wesenlehre kündigt ein neues Lebenalter der Menschheit an, als intellectuale Vorbotin einer neuen Zeit, als Morgenroth eines neuen Lebentages der Menschheit; sein Geist ist der Genius der Liebe, des Friedens, der reinen Wahrheit, der schönen Kunst, - der reinen Gottähnlichkeit, Gottinnigkeit und Gottvereintheit.

Die Wesenlehre ist auch Theanthropobio-Morphologie und Theanthropobio-Metamorphoseologie, kurz auch: Theobiotik, Theobiologie" (S. 94).

"Der werdende Wissenschaftgliedbau ist, wie jedes lebende werdende, wachsende Ganze, während seiner ganzen Gestaltung in sich selbst beständig, vollständig, sich selbst genug und selbstgesetzig (objectiv organisch, autarkisch und autonomisch), ein sich selbst stets ähnlich bleibender Keimling, ähnlich einem Krystalle.

Mein System enthält unter allen bisherigen Systemen zuerst: die Eine Wahrheit rein, ganz, vollständig, gliedbaulich-geordnet und -gebildet (organisch), zu eigner Einsicht in eigner Thätigkeit erfassbar, ohne Umarbeitung stetig fort in die Tiefe ausbildbar. Vollständig insofern, als in derselben Stufe, ohne weiter in die Tiefe der Wissenschaft einzugehen, der gliedbaulichen (organischen) Entwicklung nichts Neues in Ansehung der Grundwahrheiten hinzukommen kann.

Es ist also dieses System die vollständige intellektuale Grundlage des Wesenslebens der Menschen in ihrem reifen Lebenalter, welches vornehmlich mit der Wesenlehre soeben angetreten wird. Es ist die erste grünende Saat, die den Lenz des keimenden Jahres froh verkündet.

Darin werden die früheren keimenden Ahnungen des Reiches Gottes, des Himmels, des Sündenfalles, der Hölle und der Erlösung, der Gemeinde der Heiligen, - der Unsterblichkeit, des ewigen Lebens - in wissenschaftlicher Einsicht zu seliger Gewissheit, zu reiner, von Wahn und Aberglauben befreiter Erkenntniss. Der ahnende Glaube wird darin selbst immer inniger, tiefsinniger, wesengemüthlicher, reichhaltiger, bestimmter und wird stufenweis zu schauendem Glauben durch wissenschaftliches Denken. Der Ahnglaube ist dann gehalten durch Denkglauben und Schauglauben.

Mein Wissenschaftbau ist ein gesunder einheitlicher, ganzheitlicher, vollwesentlicher Keim des Wesenschaugliedbaues, ähnlich dem Schaugliedbau Wesens selbst.

Von diesem Systeme nun behaupte ich allerdings:

A. dass es ansich der Idee der Wissenschaft selbst im Allgemeinen gemäss sei; und überall, wo es nicht schon in grösserer Ausführung da ist, schon so, wie ich es der Menschheit darzubringen imstande bin und bereits mit gottinniger Offenheit (echter Publicität), echter, von aller Miss- und Fehlhehlerei freier Zutraulichkeit, Heiminnigkeit dargebracht habe, als ein gesunder Keim des Wissenschaftbaues sich bewähren wird. - Dass es aber auch den Forderungen genügt, welche das Menschheitleben an die Wissenschaft macht, und der geistige Grund der Höherbelebung und Höherbekräftigung und Höherbefähigung der Menschheit ist am Frühmorgen ihres dritten grossen Lebentages, des Lebenalters ihrer Reife.

B. Hinsichts der bisherigen Wissenschaftssysteme, dass es übereinstimmt mit dem Wahrheitsstreben aller urgeistigen Denker; dass es namentlich an Indiens Urphilosophie sich schliesst, als das fortgesetzte und höherausgebildete platonische System angesehen werden kann, sowie als Weiterbildung der grossen mittelalterlichen Systeme, vornehmlich des Anselmus von Canterbury und des Thomas Von Aquino: dann der Systeme von Leibniz und Spinoza; dass es das System ist, wonach der deutsche Geist seit Kant gestrebt hat, und worin sich auch alle Widersprüche der neuesten deutschen Systeme lösen.

Ich weiss daher, dass es, so wahr Gott ist, und über meiner Gewissheit, dass ich bin, eingehen wird in das Leben der Menschheit, dass es der bewegende Geist werden wird des reinen und ganzen Lebens der gottinnigen, mit Gott wieder vereinigten Menschheit, weil es aus diesem Geiste, ja dieser Geist selbst ist; dass es nun das dritte Hauptlebenalter der Menschheit beginnt, welches Zeitalter unter andern positiv eben durch das Erscheinen dieses Wissenschaftssystems angezeigt wird.

Dass dieses von meiner Persönlichkeit unabhängig ist, da es im Entfaltgange der Menschheit auf dem Wege von Gott zu Gott liegt und dem weseninnig Forschenden offenbar wird.

Dass daher dieses Wissenschaftssystem ein Gemeingut der Menschheit ist.

Der Irrthum daran (in einzelnen Behauptungen) und die Nochunvollendetheit der sprachlichen Darstellung davon ist mein und soll und wird vergehen, sowie mein Leib, und dieses endliche Gewebe meines Geistlebens auf Erden, als dieses, zerfallen und von mir selbst vergessen werden wird. Die Wahrheit daran aber ist Gottes und wird bestehen in Gott, mit Gott, durch Gott: sie wird von Gott gesegnet und zum Gedeihen des Lebens dieser Erdmenschheit geleitet werden. Ihm sei Glorpreis in Ewigkeit!

Nun erst, nachdem die Wesenlehre soweit entfaltet ist, ist der lebende Keim der Wissenschaft in dieser Menschheit vollgliedig, vollständig; er ist im Gebiete der Erkenntniss das, was der organische kindliche Menschenleib in der ganzen organischen Schöpfung ist.

Auch hat sich der Wissenschaftgliedbau der Wesenlehre schon seit dem Jahre 1808 fruchtbar für das Leben bewährt durch die Auffindung und volkverständliche Darstellung der höchsten gesellschaftlichen Idee, die bisher in dem Leben der Menschheit noch gänzlich mangelte, die Idee des gottinnigen und gottvereinten Menschheitlebens als Eines organischen Gesellschaftsvereines, als des Einen Sellgliedbaues (Sellings) für die gesammte Bestimmung der Menschheit, des Menschheitsbundes oder, vollständig benannt, des Menschheit-Wesenlebenbundes, wovon hernach die Rede sein wird.

Ich berühre hiemit einen Punkt, der nicht nur für mein individuelles Leben, für meine äusseren Schicksale und für meine wissenschaftliche Leistung mir selbst wichtig ist, sondern von erstwesentlicher Wichtigkeit für die ganze Menschheit, für ihr ganzes Leben und für die ganze Geschichte ihres Lebens ist" (S. 96 ff.).

"Die Wesenlehre und insbesondere die Lehre von dem Wesenleben und dem Wesenlebenbunde der Menschheit, streitet mit keiner auf das Gute gerichteten bestehenden Bestrebung oder Anstalt, sie ist überhaupt nicht auf den gewaltsamen Umsturz irgend eines Bestehenden, geschweige alles Bestehenden, gerichtet: nicht einmal auf den gewalttätigen, oder listigen, listgewaltigen Umsturz des bestehenden Schlechten, Vernunftwidrigen, Ungerechten, Unmenschlichen und Ungöttlichen. Wohl aber ist sie gerichtet auf die friedliche, liebinnige, liebefriedliche, vernunftgemässe, sittlichfreie Reinigung, Veredlung, Weiteraus-bildung, Umbildung, Wiedergeburt, kurz auf die Wesenbildung, auf die Ausbildung zu der gottähnlichen Reife, - auf die Vergottähnlichung (Wesenverähnlichung) alles Bestehenden. Sie ist also in keiner Hinsicht Feindin und Widersacherin des Bestehenden, soweit es gut und dem Guten zugewandt ist: wohl aber ist sie liebefriedliche Gegnerin und Heilkünstlerin des lebwirklichen Wesenwidrigen (des [alles] Uebels und des [alles] Bösen) im wirklichen Leben. (Fußnote 6)

Sie lässt alles bestehende Gute in seiner Selbwesenheit und Selbständigkeit bestehen, leben, streben, sich eigenkräftig ausbilden, und alles bestehende Böse, Wesenlebwidrige, auslebiget sie vernunftgemäss, wesenlebgemäss, in heiligem Ernste, und in heiligem Zorne der göttlichen Liebe, gottähnlichgerecht. Der Wesenlebenbund will sich nicht an die Stelle irgend einer Gesellschaft, irgend einer Anstalt setzen, will keine aus ihrer Stelle vertreiben. Das Einzige, was derselbe friedlich und menschheitvertrauend, ja gottvertrauend erwartet, ist fürs Erste auch seine Stelle, auch seine Selbständigkeit. Er wird seine Stelle finden und durch reingute Mittel erkämpfen im gegenwärtigen Leben der Menschen und der Völker und sich dann kugelig (sphärisch) verbreiten und einst die ganze Menschheit und alle ihre geselligen Vereine in sich fassen, in sich neubilden, neubeleben und gliedbaulich vollenden (vollwesengestalten)" (S. 108 f.).

"Man wirft immer denen, die auf Verbesserung des Staates dringen und Freiheit hergestellt wünschen, vor, sie wüssten gar Nichts an die Stelle des von ihnen angefeindeten Bestehenden zu setzen. Nun, so kommet her, ihr wahrheits-durstigen, baulustigen, wohlgesinnten Menschen, höret die Wesenlehre, prüfet sie: - sie giebt euch die reine, ganze Wahrheit, und die Lehre von dem Wesenleben und dem Wesenlebenbunde der Menschheit so ganz und so vollständig und bereits in einer solchen Ausbildung und Durchgestaltung, dass sowohl der Einzelne, als beliebig Viele, dass sowohl Ehethümer (Familien), als Völker (Nationen) und ganze Theilmenschheiten (Erdmenschheiten) sogleich ihr Leben danach einrichten können und antreten könnten augenblicklich, stündlich, täglich, monatlich, jähr-lich, jahrhundertlich, jahrtausendlich" (S. 115).

"Die Wesenlehre und die darin enthaltene Menschheitlehre, Wesenlebenlehre und die Menschheitswesenlebenlehre sind erstwesentlich ansich und fürsich zu erkennen, anzuerkennen, zu würdigen; nicht aber zuerst bezugweise und vergleichweise mit früheren, oder gleichzeitigen Lehrbegriffen der Völker, oder der Wissenschaftforscher. Sie ist ihr eigner Anfang, Fortgang, Mitte und Ende (finis et terminus). Alles Wahre und Gute und Schöne, Fromme, gerechte, Lie-bige, mit Einem Worte alles allartige Leb-Wesentliche stimmt in der Wesenheit Wesens, in der Gottheit Gottes, und durch dieselbe, zusammen. Und was mit irgend einem Lebwesentlichen, nach irgend einer Seinart, nicht stimmt, ist sohin und nach eben dieser Seinart wesenwidrig (von Übel).

Was Andere Wahres und Gutes gelehrt haben, findet sich hier entweder auch schon, oder findet doch hier im Gliedbau der Wesenlehre seinen geweihten Ort, seine würdige Stelle, denn es findet hier seine grundwissenschaftliche (metaphysische) Grundlage und diejenige Theilwesenschauung, oder diejenigen verschiedenen Theilwesenschauungen, in deren weiteren Ausbau es als Inglied, oder als Vereinglied gehört. Aber diejenigen, welche die Geschichte der Völkerbildung (Kultur) und der Wissenschaft kennen, werden mit dem Urheber der Wesenlehre die Hauptpunkte (Grundwahrheiten und Grundgesetze) finden, worin die Wesenlehre alle bisherigen Volklehrbegriffe und Wissenschaftsysteme überschreitet und übertrifft, welche also für diese Menschheit urneu und urheilsam (urheilbringend) sind und in Ewigkeit urneu, urjugendlich, urbelebend, - sind und bleiben" (S. 116).

"Diese Lehre von dem Wesenleben der Menschheit und vom Menschheitsbunde ist so einfach, so angeistig und angemüthig (anherzig), so leicht zu verstehen und spricht jedes noch unverdorbene Herz so leicht und so innig an, dass nur wenige Menschenalter vergehen werden bis dahin, wann die Genossen der gebildeteren Völker es kaum werden denken können, wie eine Zeit möglich gewesen ist, in welcher die Menschen diese Einsicht und dieses Gefühl nicht hatten. - Auf ähnliche Weise, wie es sich mit den christlichen Grundüberzeugungen zumtheil begab.

Die reinmenschliche und ganzmenschliche Geselligkeit wird nach und nach Familien, Ortschaften, Stammgebiete, Volkgebiete, - Haupterdländer umfassen; -und zwar wird die Wesenlehre ins Leben hindurchdringen sanft und beseligend, aber unwiderstehlich, wie der Drang wachsender Wurzeln die Felsen sprengt, während der erstarkende Stamm den Stürmen widersteht, und der blühende und fruchtende Gipfel den Himmel sucht; - unwiderstehlich, wie die steigende Sonne des Morgens und des Lenzes" (S. 123).

"Menschheitbundliche Beziehung der Wesenlehre und Kraft derselben zu Verbesserung, Bekehrung, Wiedergeburt der Einzelmenschen, Ehethümer, Völker; der ganzen Erdmenschheit, ja der Erdmenschheit als Bürgerin der Sonnbaumenschheit; und zu Bildung des Menschheitbundes und zu Neubildung aller einzelnen menschlichen Dinge, mit treuer, aber freier Benutzung alles Ueberlieferten, alles Geschichtlichen und Urkundlichen.

Wesenlehre gewährt Erhebung und Ausbildung des Geistes zu dem Schaun der weseninnigen und wesen-inglied-ahmlebigen und -mällebigen Menschheit und ihres ganzen geselligen Wesenlebens, als zu vollendenden im Menschheitbunde auf Erden und im Weltall. Die Idee des Wesenlebens der Menschheit im Menschheitbunde gemäss der gliedbaulich ausgebildeten Wesenlehre, ist keine bloss deutsche, keine bloss europäische, keine bloss erdheimische Mission (Gottberuf), der ich folge und mich weihe; dieselbe ist "weltgeschichtlich", d. h. "menschheitgeschichtlich; sie wird der Geist der neuen Zeit, - des harmonischen Lebenalters der Menschheit, sein; - und der Wissenschaftbau, in dessen Tiefen sie hervorgegangen, wird ebendeshalb unvergänglich sein" (S. 121).

"Mit meinem Fug rechne ich das Dasein des Menschheitbundes von dem Lenzmonat (April) des Jahres 1808 nach der christlichen Zeitrechnung. (...) Zu Anfang jenes Lenzmonates wurde mir die Idee des Menschheitbundes völlig klar, und gegen das Ende desselben war der Entwurf des Bundes auch handschriftlich vollendet und mein Entschluss, ihn zu stiften, und seiner Gestaltung mein Leben zu widmen, fest genommen. Mit der Tagnachtgleiche des Jahres 1831 beginnt also das 24. Bundjahr.

Der Menschheitbund (hier bitte einen link zu Ihrem Kapitel "Menschheitsbund") ist der Gesellschaftverein der ganzen Menschheit für die ganze Menschheit zu Vollbringung des Wesenlebens: er ist die Eine, selbe, ganze Gesellschaft der Menschen für das Eine, selbe, ganze Wesenleben.

Er geht aus von dem einsamen, selbst im eignen Ehethume verlassenen, mit häuslichen und ausheimischen Schwierigkeiten und Hemmnissen und Verhindernissen kämpfenden, selbheitlichen Wesenleben reifer Einzelmenschen, die im Geiste der reifen Menschheit leben, und verbreitet sich dann über die höheren geselligen Vereine (Menschensellen) stufenweis.

Also ist der Menschheitbund nicht eine Gesellschaft neben, oder bloß eine Gesellschaft ausserüber Staat, Kirche, Freimaurerbrüderschaft, sondern, sowie sich verhält Wesen zu Wesengliedbau, als seinem Inwesenthume, so verhält sich der Menschheitbund zu der ganzen menschlichen Geselligkeit; also hat der Menschheitbund alle anderen menschlichen Gesellschaften inunter sich. Und da der Menschheitbund, als das höchste Glied in der Stufenfolge der Ausbildung der menschlichen Gesellschaft, zuletzt wirklich wird, so hat er zwar, als werdender Menschheitbund, alle anderen menschlichen Gesellschaften anfangs ausser sich, dann aber stufenweis inunter sich, indem er selbige stufenweis in sich aufnimmt, in sich neu erzeugt und wiedergebiert und zugleich sie alle sich unterordnet und sie zugleich und ebendadurch auch alle gegen alle richtig ordnet (unter- und nebenordnet, wohlvereinordnet, wechselmälordnet). Die Menschheit bildet sich ebenso zu dem Sell-Menschheitleben als Menschheitbund aus, wie das Inkind im Mutterleibe zum ganzen Menschenleibe. - Der Menschheitbund verhält sich also zu allen anderen gesellschaftlichen Vereinen der Menschen wie der Wesenschau-gliedbau zu allen ihm geschichtlich vorangehenden Wissenschaftsystemen, wie der synthetische Haupttheil desselben zu dem analytischen; - wie der Menschen-leib zu seinen einzelnen, im ganzen Tierreiche zerstreut dargebildeten Theil-systemen und Organen" (S. 124 f.).

"Die Wesenlehre hat bereits den vollständigen Lebenplan des Menschen und der Menschheit entwickelt, und dieser ist zum Theil auch (in der Schrift: Urbild der Menschheit) volkverständlich dargestellt worden. Kommt also nur herein! Die Wesenlehre weiss und lehrt, was Gutes und Besseres an die Stelle des Alten zu setzen ist. Hier werdet ihr volle, befriedigende Belehrung finden!

In der Philosophie der Geschichte aber wird der Lebenplan der Menschheit noch weiter ausgeführt, besonders in Anschauung dessen, was soeben jetzt und was dann weiter, in organischer Stufenfolge, in Zukunft zu erstreben und zu thun ist.

Die Wesenlehre selbst ist eine göttliche Grundmacht (eine Function, ein Factor, ein Organ) des Geistes: sie bildet sich aus als das corpus eruditionis, der codex, der Katechismus für die neue Zeit, - dergleichen erst jetzt möglich ist" (S. 130).

"In der Wesenlehre ist die allgemeine Mitte, der unbedingte Hochpunkt, oder vielmehr der unbedingte Mittepunkt der ganzen Wissenschaftbildung - der Wissenschaft an sich und der menschlichen Wissenschaft insbesondere - erreicht, (denn die Wesenlehre, wenn wesengemäss gebildet, stimmt mit Wesens Selbstschauung überein!), von wo aus der Plan des ganzen Wissenschaftbaues, ohne täuschenden Fernschein, gleichsam im Adlerfluge ersichtlich und durchsichtig ist, wo die Wissenschaft als eine unbeendbare Aufgabe der Menschheit, als ein schönes, gottähnliches Erzeugniss ihres gesellschaftlichen Forschens, als ein gesellschaftliches Werk der Menschheit, nicht aber als ein Werk eines, oder mehrerer einzelner Menschen, erscheint, wovon jeder einzelne Urdenker dem Geiste des Ganzen gemäss mitarbeitet, und wozu er auch seinen einzelnen guten und schönen Theil beiträgt, der dann in das ganze Gebilde des Wissenschaftwerkes der Menschheit aufgenommen wird" (S. 175 f.).

"Die Menschheit beginnt mit der Wesenlehre ihr III. Hauptlebenalter, indem sie IIb und IIc mit ihren Bestrebungen nun erst ganz versteht und würdigt. Auch erhebt sie sich vorschauend zu der Theilwesenschauung (nach dem Sollbegriff und dem Sollbild) von IIIb, und IIIc und zur Omschauung der Erdmenschheit-Theilvollzeit" (S. 178). (Fußnote 7)

"Mein System vereinigt die widerstreitenden Systeme aller Zeiten und Völker; aber nicht durch eklektische Zusammenschmelzung, sondern absichtlos und in einem unvermeidlichen Erfolge dadurch, dass es den Gliedbau der Wahrheit selbständig und rein in einer ganz neuen und eigenthümlichen, in der in der Wesenlehre zuerst rein und ganz erkannten ewigen Wahrheit möglich gewordenen Erzeugung der Wissenschaft in ihrer einzigen Grundlage, der Wesenschauung, gesetzmässig entfaltet" (S. 182).

Im Lichte dieser Ausführungen ergibt sich für den Leser am Beginn des 21. Jahrhunderts, dass sich Wissenschaft, Kunst und vor allem die Rechts- und Sozialbeziehungen zwar im Verhältnis zur Zeit, da die Wesenlehre erstmals verkündet wurde, gewaltig verändert haben, dass aber wiederum unter präziser Erfassung der empirischen Gegebenheiten des Weltsystems und aller seiner Untersysteme die historische Realität mit den Ideen und Grundsätzen der Wesenlehre und deren wissenschaftlichen Prinzipien vergleichend zu verbinden ist. Erst dann wird es möglich sein, zu erfassen, in welcher Hinsicht und in welchen Belangen die Menschheit von der Verwirklichung des Überganges in das Zeitalter der Reife noch entfernt ist.

* * *

 

Fußnoten:

  1. Bei der direkten Übernahme von Texten aus Krausewerken wird die alte Schreibweise beibehalten.

  2. Alle Zahlen in Klammern beziehen sich auf Werkverzeichnis.

  3. Hinsichtlich der fehlenden Postmoderne siehe http://or-om.org/Postpostmoderne.htm.

  4. Der Aufsatz unter http://or-om.org/MI und KI1.htm enthält eine vereinfachte Form der Entwicklung der neuen Logik aus den unendlichen Kategorien.

  5. Dieser Absatz zeigt an, dass die Wesenlehre gleichsam ein Richtmaß dafür bilden kann, alle bisherigen mystischen, mythischen, theosophischen und "okkulten" Systeme hinsichtlich ihrer Vollständigkeit, allfälligen Begrenztheit und Tauglichkeit für die weitere Evolution der Gotteswissenschaft zu prüfen.

  6. Auf den Umstand, dass nach der Wesenlehre evolutive Veränderungen nur durch gute und friedliche Mittel bewerkstelligt werden dürfen, sei hier besonders hingewiesen.

  7. Vgl. "Die Entwicklungsgesetze"