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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1861

B a n d I. - Kapitel IV



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Die Maurerschürze.

Unverkennbar ist die maurerische Kleidung, besonders die Maurerschürze, jetzt ein Kleid über dem Kleide und muss sonach ursprünglich und einstens eine selbständige und die einzige Kleidung gewesen sein, wie denn auch sonst die Ausdrücke: maurische Kleidung, Maurerkleid und Jemanden maurerisch bekleiden, sich maurerisch ankleiden, gar nicht gebraucht werden könnten und keinen rechten Sinn hätten. Wenn daher nachgewiesen zu werden vermag , wann und wo die Schürze das ursprüngliche und selbständige Völkerkleid gewesen sei, ist auch unwiderleglich das Ursprungsland und Ursprungsvolk der Maurerschürze und damit der Freimaurerei selbst dargethan.

Die Schürze ist nun das orientalische Urkleid der Menschheit, - das uranfänglichste und älteste Kleid der Völker, - wie wir schon anderwärts es bezeichnet haben, eine spätere Gestaltung des biblischen Feigenblattes von Adam und Eva, dem baktrischen Meschia und Meschiane, dem Mann und dem Weibe, dem Menschen und der Menschin. Wie sich in der Bewaffnung und den Waffen der Götter die Bewaffnung und die Waffen der Urmenschheit und der Urvölker wieder erkennen lassen, so spiegelt sich auch in der Kleidung der Götter die Kleidung und die Zeit der Urmenschen und der Urvölker wieder. Weil daher die phönicischen schmiedenden Gottheiten, die Götterkünstler, die Kabiren oder Patäken 1) und die ägyptischen Baugottheiten, zumal Osiris und Isis, die Schürze tragen, muss diese auch zur Zeit des Entstehens und der Bildung dieser Gottheiten die Kleidung der Phönicier und Aegypter, der Ursemiten gewesen sein, wenn die Aegypter zu




1) Alpina für 1860, S. 201.



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diesen gezählt werden wollen und dürfen. Noch bestimmter und genauer kann dieses auch dahin ausgedrückt werden, dass in der Zeit, in welcher die Phönicier das Erz zu graben und zu giessen und die Aegypter die Pyramiden, Gräber, Tempel und Städte zu bauen begannen, ihre Kleidung die Schürze gewesen sei. Es verkündet sich ein tiefer, historischer, ein weltgeschichtlicher Zug darin, dass die Götterkünstler und die göttlichen Baumeister ursprünglich dieselbe Kleidung tragen, somit die Erfindung des Erzgusses und der Baukunst in dieselbe Entwicklungszeit der Menschheit fallen und zwar in der Weise, dass jene dieser zur Unterlage und zum Vorbilde dient, aus dem Erzstyle der Baustyl hervorgeht.1) Semper, a. a. O., I. S. 215, sagt von dem Schurze als Kleidung der Menschen und der Götter:

"Der Schurz, unter allen Motiven der Kleidung das unbildsamste, wurde von den Gräko-italern frühzeitig verlassen, blieb aber in Aegypten das heilige Kostüm und fand dort die höchste formelle Ausbildung, deren er nach symmetrischen Prinzipien der Anordnung fähig ist. Die ursprüngliche nothdürftige Schamverhüllung konnte dem Schicklichkeitsgefühle nicht genügen, man verlängerte den Schurz nach unten und nach oben, gab ihm zugleich bauschigere Formen. Er wurde, wenn die Verlängerung nach unten stattfand, mit einem Hüftgurt gehalten; bei gleichzeitiger Verlängerung nach oben diente ein Tragband über eine Schulter oder ein doppeltes Tragband über beide Schultern zum Halt des Kleides. Statt der Tragbänder kamen dann Umschlagtücher auf, deren Spitzen zwischen den Brüsten einen Knoten bildeten, der zugleich die Zipfel des Schurzes aufnahm und den Halter für letzteren abgab. In dieser veredelten Form tritt uns der ägyptische Schurz in den Isisstatuen entgegen und er fand selbst in der statuarischen Kunst der Griechen und Römer Aufnahme und Nachahmung (der Peplos ist eine Art von schurzähnlichem Ueberwurf der Pallas Athene)."




1) Semper, der Stil, 75 u. 76, und besonders S. 431 u. 439.



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Böttiger, kleine Schriften, III. S. 260, Anm. bemerkt:

"Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass unsere europäischen Weiberröcke, die, nur bis an die Hüften hinaufreichend, da durch Zusammenschnürung festgehalten werden, - eine Tracht, die durchaus dem griechischen und römischen Frauenkostüme widerspricht, - ursprünglich aus Aegypten abstammen. Den Prototyp der Weiberröcke gibt das Obergewand der Isis."

Semper fügt diesem bei, dass aber auch die männliche Tracht des modernen Europa, die Tracht der Beinkleider aus dem Schurze hervorgegangen sei, der schon bei den Aegyptern sackförmig gestaltet und mit Löchern für die Beine versehen vorkommt, sogar als Pluderhose, jedoch mit seltsamster Steifung der symmetrischen Falten. Den eigenthümlichen dreieckigen Pharaonenschurz hält nämlich Semper für eine Art von Pluderhose. 1)

Die Schürze war sonach die Kleidung der ältesten Aegypter. wie auf den vorhandenen Denkmalen die ägyptischen Arbeiter und Krieger dieselbe verschieden gestaltet noch tragen, 2) und ist zugleich die heilige Kleidung der Urgottheiten Aegyptens, wie man z. B. an den riesigen Steinfiguren in den Grotten von Girscheh in Nubien, 3) an den ägyptischen Götterbildern zu Creuzer's Symbolik u. s. w. ersehen kann. Vermuthlich und gewiss war desshalb der Schurz auch noch in den spätern Zeiten, als im gewöhnlichen Leben schon eine andere und veränderte Bekleidungsweise aufgekommen, in Aegypten das eigentliche Mysterienkleid, das heilige Kleid der Eingeweihten, welche durch dieses Kleid an den Urmenschen, an die Schöpfung des Menschen erinnert werden sollten. Auf der Darstellung des Leichenzuges eines königlichen Dieners auf einem Denkmale zu Theben sind alle an dem Zuge theilnehmenden Männer nur mit einem weissen leinenen Schurze bekleidet; 4) der Oberpriester allein trägt über dem linnenen Schurze ein Leopardenfell. Die maurerische Schürze in ihrem tiefern




1) Semper, a. a. O., I. S. 216, Anm. 1.
2) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 99 u. 287.
3) Lübke, Geschichte der Architektur S. 56.
4) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 326.




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und ursprünglichen Sinne ist keineswegs das Schurzfell des Maurers, des Baumeisters, wie dagegen auch seine weisse und blaue Farbe spricht, sondern sie ist das Urkleid der Menschheit und zugleich das heilige Kleid der Himmlischen, der Götter. Nicht als Maurermeister tragen die Maurer die Schürze, sondern als Symbol des Urmenschen und als die Geweihten des lichten und reinen Himmelsgottes. Der Tubalkain mit der weissen Schürze ist das Symbol des phönicischen Götterkünstlers oder Kabiren und zugleich des Phöniciers selbst, der, noch blos mit der Schürze urnkleidet, das Erz zu graben und zu giessen anfing; der Name des Maurerlehrlings stimmt mit seinem Kleide historisch vollkommen zusammen. Auch die Betheiligung dieses Tubalkain, von welchem Hiram nur eine andere Benennung und der leitende Meister ist, an dem Tempelbaue des Königs Salomo ist eine historische Thatsache, welche von den phönicisch-ägyptischen Baumeistern als eine ruhmvolle Erinnerung bewahrt und mit der Baukunst selbst weiter fortgetragen, ja zur Mythe gestaltet worden ist. Die Maurersage über den salomonischen Tempelbau ist mit der griechischen Sage über die Erbauung des Labyrinthes auf Creta durch Dädalos gleichen Ursprunges und wohl auch gleichen Alters. Die beiden maurerischen und salomonischen Säulen Jakin und Boaz, wie solche zwei Säulen oder Obelisken vor und in den Tempeln in Phönicien und Aegypten sehr häufig vorkamen, beweisen, welchen lebendigen Eindruck die Erbauung des salomonischen Tempels auf die alten Baumeister und Maurer gemacht haben müsse, indem seitdem die Salomonischen Säulen als ein wesentlicher Bestandtheil in die maurerische Svmbolik eingefügt und bis auf heute beibehalten worden sind. Diese beiden Säulen sind das urkundlichste und unbestreitbarste Denkmal, dass die heutige Baukunst und die heutige Freimaurerei mit Phönicien und Aegypten in unmittelbarem und sehr innigem Zusammenhange stehen. Diejenigen, welche diesen Zusammenhang leugnen, sind völlig ausser Stande, das in der Baukunst und in der Maurerei uralte Vorkommen der Säulen des salomonischen Tempels zu erklären. Zu den tiefsten Forschungen und Betrachtungen laden besonders die sehr alten und noch jetzt stehenden





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beiden Säulen auf der rechten Seite des Eingangs in dem Dome zu Würzburg vor der dortigen Marienkapelle ein. Die beiden Säulen, welche ursprünglich nicht an ihrer gegenwärtigen Stelle, sondern allem Vermuthen. nach vor dem Dome standen, stammen wahrscheinlich aus der Zeit des ersten Aufbaues der Würzburger Domkirche durch Bischof Bruno im Jahre 1030. Die Marienkapelle, vor welcher jetzt die beiden Säulen stehen, wurde im J. 1821 erbaut und eingerichtet und dann die dem berühmten Würzburger Bildhauer Tillmann Riemenschneider, geb. zu Osterode und gestorben am 8. Juli 1531 als erster Bürgermeister zu Würzburg, zugeschriebene Gruppe der sterbenden Jungfrau Maria dahin versetzt. Maria liegt auf einer Todtenbahre, welche die zwölf Apostel, dem Beschauer zugewandt, umstehen, und das Haupt der Sterbenden umschweben zwei oder ein Engel, wessen ich mich nicht mehr genau erinnere. Vor dem die Marienkapelle verschliessenden eisernen Gitter stehen die beiden Säulen Jakin und Boaz und hinter dem Gitter steht ein niedriger und einfacher eisner Leuchter mit sieben Stacheln in gerader Linie, um sieben Lampen darauf anzünden zu können. Als ich im Sommer des J. 1859 die herrliche Gruppe der sterbenden oder vielmehr verklärt und beseeligt in den Himmel eingehenden Maria betrachtete, gedachte ich sofort des sterbenden und aus dem Grabe sich wiedererhebenden Hiram, welcher mit Maria, den leidenden und hoffenden Menschen die Unsterblichkeit, das Licht und Leben verheissen und verbürgen soll. Die zwölf Apostel der Maria sind die zwölf Gesellen des Hiram und mit sieben Schritten oder durch die sieben Planetenshpären gehen Maria und Hiram in die Ewigkeit hinüber.

In Aegypten scheint die heilige Schürze wenigstens bei den Pharaonen, eine dreieckige Gestalt gehabt zu haben nach der in Aegypten wie in der Maurerei so heiligen Dreizahl mit dem Dreiecke, an welche dreieckige Schürze sich dann auch das aufwärts gerichtete Dreieck der drei blauen Rosen auf der Schürze des Meisters und die eigentlich ein abwärts gerichtetes Dreieck bilden sollende blaue Meisterdekoration anschliessen würde. Da das aufwärts gerichtete Dreieck auch Symbol des Feuers, der zum





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Himmel emporlodernden Feuerflamme, und das abwärts gerichtete Symbol des Wassers ist, könnten die beiden meisterlichen Dreiecke zugleich eine symbolische Beziehung auf das Feuer und das Wasser, - auf die Sonne und den Mond, von denen jene das Feuer und dieser das Wasser vertritt, als den beiden Grundkräften und Grundelementen der Schöpfung haben. Ebenso wäre der Maurermeister in seiner dreieckigen Kleidung, mit seinen zwei Dreiecken der Sonne und des Mondes nur eine andere Darstellung der drei Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters. Im Alterthum und besonders auch in der althergebrachten Maurerei hatte Alles, selbst oft das scheinbar Kleinste und Unbedeutendste eine symbolische Beziehung und vorherrschend war namentlich die Dreizahl und das Dreieck, wie dieselben auch heute noch bei den Maurern bewusst oder unbewusst, absichtlich oder unabsichtlich stets und stets wiederkehren. - Auch das Verzieren der Schürzen mit allerlei Bildern , z. B. mit Königsschlangen und Namensschildern bei den Königen und Priestern, ist uralt ägyptisch, wie aus den erhaltenen Denkmälern zu ersehen ist. 1) Der Halsschmuck des Maurermeisters ist vermuthlich aus dem bekannten ägyptischen Halstuche hervorgegangen, welches Männer und Frauen, Könige und Priester trugen.

Betrachtet man die Schürze des Maurers in Verbindung mit dem von ihm getragenen Schwerte und wegen des letzteren den Maurer selbst als einen Streiter für das Licht und die Reinheit, für Gott und das Gute, dann erscheint das weisse Kleid des Maurers mit den weissen Handschuhen als seine Kriegs- und Ritterkleidung, als das Symbol des von ihm gesuchten und zu erkämpfenden Lichtes und Guten. Wenn dermalen dem aufzunehmenden Maurerlehrlinge die weisse Schürze mit der Erinnerung überreicht wird, dass ihre weisse Farbe die Reinheit zeige, die der Zweck unserer Arbeit ist, - und die weissen Handschuhe mit der Ermahnung, dass rein wie sie seine Hand von ungerechtem Gut bleiben solle, - endlich das Schwert mit dem Gebote, es niemals anders als für eine




1) Uhlemann, a. a. O., II. S. 28.



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gute und gerechte Sache zu ziehen: drücken diese Symbole und Lehren immer die gleiche Sache oder denselben Gedanken in einer andern Wendung aus. Selbst das im dritten Knopfloche linker Seite, also auf der Schwertseite zu tragende Logenzeichen gehört zu dieser maurerischen oder ritterlichen Kleidung, wie der Hut als das Zeichen der Freiheit und des freien Mannes.

Die weisse Farbe des ägyptischen und des maurerischen Schurzfelles ist das naheliegende und desshalb bei fast allen Völkern von Göttern und Menschen, im Leben und Sterben, in Freude und Leid vielgebrauchte Symbol des Lichtes, der Reinheit, Unschuld und Wahrheit. In dieser Bedeutung ist die weisse Kleidung die gottesdienstliche, die göttliche und priesterliche in Aegypten und darnach wohl bei den Juden, 1) - bei den Samariten, bei den Phöniciern und Syrern, bei den Persern, bei den Babyloniern und Assyriern , bei den Sinesen und namentlich auch bei den Sinesen auf Java, bei den Kelten und Indern, bei den Germanen, Pythagoreern, Orphikern, bei den Essäern und bei den Soofi's in Persien, bei den Aethiopen und den Peruanern, in Griechenland und zu Rom, bei den Christen und besonders bei den Katholiken und den Lutheranern u. s. w. Eben damit hängt es zusammen , die Altäre weiss zu schmücken, mit weissen Tüchern und mit weissen Blumen, - weisse Opfer- und weisse Symbolthiere, die letztern besonders als Träger der Götter, zu wählen, - durch Feuer oder Licht die Tempel, Logen oder Kirchen zu erleuchten und ewige Feuer und Lichter als Symbole des ewigen Lichtes an den heiligen Orten und in den Privatwohnungen zu brennen und zu unterhalten 2) u. s. w. Die priesterliche oder religiöse weisse Kleidung pflegt von Leinwand, nicht von Wolle zu sein, entweder weil die Wolle von getödteten Thieren herrührte oder überhaupt als unrein galt. Auch die weissen Mäntel der christlichen geistlichen Ritterorden, besonders der Tempelherren waren von Leinwand. Um bezüglich der weissen Farbe nur Einiges anzuführen, so




1) Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 527.
2) Alpina für 1859, S. 165 ff.



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stieg z. B. weiss gekleidet, am sechsten Tage nach dem Neumonde, der bei ihnen den Monat und das Jahr anfängt, d. h. um die Weihnachtszeit der Druidenpriester auf die heilige Eiche, schnitt mit goldener Siegel (auch die goldene und die rothe Farbe sind ein Symbol der goldenen Morgenröthe, des Sonnengoldes und Lichtes und berühren sich daher mannichfach mit der weissen Farbe, namentlich erscheinen auch rothe Kleider bei Göttern und Priestern) den Mistelzweig, das Immergrün, als Symbol der nie ersterbenden Vegetationskraft, und fing ihn auf im weissen Mantel; dann erst ward das bereit gehaltene Opfer dargebracht: zwei weisse Stiere, deren Hörner noch kein Joch getragen. 1) - Die in die eleusinisehen Geheimnisse Einzuweibenden wurden in blendend weisse Kleider von Leinwand gekleidet, das Haupt mit Taxus- und Myrthenkränzen geschmückt, ähnlich den katholischen Confirmanden. Auch die Opferthiere trugen häufig solche Blumenkränze. - Bei den Pythagoreern sollen die eigentlichen Eingeweihten, die Pythagoriker, ganz weisse Mäntel oder Talare von ägyptischer Leinwand getragen haben. - Die Essäer in Syrien und die ihnen verwandten oder ganz gleichen Therapeuten in Aegypten, welche etwa 200 Jahre vor Chr. und hundert Jahre nach Chr. blühten, trugen als ihren höchsten und einzigen Schmuck ein weisses Gewand. Auch die Samariten gehen noch jetzt am Sabbathe und an Festtagen ganz weiss gekleidet in den Tempel, ähnlich wie vielfach die Christen zur Kirche. - Der Sarg der vornehmen Aegypter pflegte im alten Memphis von vier weissen Stieren und sieben weiss gekleideten Männern gezogen zu werden, 2) wobei die Siebenzahl auf die von dem Verstorbenen durch die sieben Planetensphären bis zum Himmel zurückzulegende Reise, auf die sieben Stufen der Altäre und Grabdenkmale , auf die sieben Trauertage, die sieben Schritte des Maurermeisters u. s. w. 3) hinweiset. Auf den Grabgemälden auf dem Deckel eines Mumiensarges in dem Antikenkabinet zu Wien, welchen Hammer in dem fünften




1) Menzel, Odin, S. 54; Simrok., Mythologie. S. 420. 390; Brosi, die Kelten, S. 102 Anm.
2) Uhlemann, drei Tage in Memphis, S. 49.
3) Alpina für 1860, S. XLII.



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Bande seiner Fundgruben des Orients beschrieben hat, findet sich vor dem Thore des Grabes eine Grabsäule mit sieben gestreiften heiligen Binden oder Stolen behangen, wohl auch in symbolischer Hindeutung auf die von dem Verstorbenen durch die sieben Sphären der Planeten anzutretende Himmelsreise. Allgemein ist auch die Sitte, die Verstorbenen zur Beerdigung weiss zu kleiden, - ihr Haupt, ihren Sarg und ihr Grab weiss zu schmücken, bei ihren Leichen Lichter zu brennen u. s. w., Alles zum Symbole, dass sie eingegangen seien oder eingeben sollen in das ewige Licht und Leben, - dass sie lichtvoll und rein gelebt haben und gestorben seien. Bei den Christen besonders pflegen die Täuflinge und die Todten, der Mensch auf seinem ersten und letzten Gange, auf seinem kirchlichen und göttlichen Wege weiss gekleidet und geschmückt zu sein. Bei den Sinesen auf Java dürfen sogar die verstorbenen Frauen nur weiss und in Silber gekleidet sein, und bunte Farbe und das Gold müssen dabei vermieden werden. Die schwarze Trauerfarbe, obwohl sie zunächst auf die dunkele Wolke, auf die dunkele Unterwelt und im Gegensatze zu dem Lichte und Reinen auf die Finsternis und das Böse sich bezieht, hat doch auch wieder mit der weissen Farbe insofern die gleiche symbolische Bedeutung, als der dunkele Tod, das Grab, die Pforte und der Anfang des himmlischen und ewigen Lebens ist, wie aus dem verwesenden Keime die grünende Pflanze hervorwächst und aus der gesprengten und zerfallenden Larve der geflügelte Schmetterling sich zum Himmel emporschwingt. Während die Zurückgebliebenen in schwarzen Kleidern trauern und wehklagen, erreicht der lichte Verstorbene frohlockend den Himmel und die Seligkeit; deponens aliena, ascendit unus, - steigt von der Erdenlast und Erdenpein befreit und erlöset, zum Himmel auf. Das Thongebilde, welches Prometheus mit dem geraubten Himmelsfunken belebt und beseelt hat, muss zerbrochen und dem Himmel zurückgegeben werden, was aus dem Himmel stammt und von dort geraubt, zur Erde herab gebracht wurde.

Der weissen Licht- und Himmelsfarbe steht die blaue Farbe als das Symbol des blauen Himmelsäthers, worin die Sterne ihre Bahnen ziehen, gleich und verbindet sich





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daher vielfach in dem Gottesdienste mit derselben, wird gleichfalls zur Farbe des Kleides der Götter und der Menschen. Das Sternenzelt des Himmels, in welchem die Urmenschheit zuerst Gott ahnte und anbetete mit seinem Azurblau ist seit den Urzeiten der Menschheit von dieser zu den Decken, Raumabschlüssen besonders der Tempel, wie vorzüglich auch in Aegypten verwandt worden. 1) In einem Tempel von Ramses III, auf der Westseite von Theben ist z. B. die Decke des Pfeilerganges, der den Hof nach der Eintrittsseite säumt, noch jetzt lebhaft blau mit Sternen.2) In dem Isistempel auf der Insel Philä, ebenso in dem Tempel zu Kalabsche in Nubien und in dem Tempel zu Karnak ist die Decke blau mit Sternen. 3) Auch das steinerne Gewölbe des Vorhofes des berühmten Grabmals des Königs Osymandias zu Theben war blau gemalt und mit goldenen Sternen besäet. 4) Zu allen Zeiten war in Aegypten das Blau (Indigo) die beliebteste Farbe für die Linnenzeuge und hat sich auch an einigen noch vorhandenen sehr alten ägyptischen Linnenzeugen erhalten. 5) Zugleich sind diese Linnenzeuge seit den ältesten Zeiten das hieratische Gewand, das Gewand der Götter und der Priester, 6) was auch schon daraus zu erklären ist, dass die Menschen ihre Kleider zuerst aus Flachs anfertigen lernten. - Als die gothische Baukunst aufblühte, liebte sie es, die Füllstücke der Wände mit Sternen auf blauem Grunde auszufüllen. 7) Blau, wie der Himmel, in den es übergeht, ist auch das Minaret der grossen Mosehee zu Ispahan. 8) Und so wölbet sich auch das blaue Himmelszelt mit seinen goldenen Sternen über den maurerischen Logen.

Das blaue Sternenzelt als Gewand den Göttern um zukleiden, wie bei Mithra und Ahura-mazda, bei dem tyri-




1) Semper, der Stil, I. S. 66. 68 u. 424.
2) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 89.
3) Braun, a. a. O., I. S. 104. 107 u. 133.
4) Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, Il. S. 323.
5) Semper, a. a. O., I. S. 133.
6) Semper, a. a. O., I. S. 131.
7) Kugler, Kunstgeschichte, II. S. 300.
8) Braun, a. a. O., I. S.271.



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schen Herakles oder Baal, bei Osiris und bei Ammon oder Amun in Theben, 1) und nach Eusebius Praep. Evang. 3. 12 zu Philä, und Elepantine, - bei Odhin, bei der christlichen Himmelskönigin Maria u. s. w., 2) ist eine sehr begreifliche Symbolik. Auf bildlichen Darstellungen in dem vorberührten Tempel von Ramses III. zu Theben trägt Osiris auch eine blaue Mütze. 3) Auch die deutsche Wolkengöttin Hulda oder Huldra schreitet in blauem Gewande und weisser Haube durch die Wälder . 4 ) Der finnische Donnergott Ukko trägt blaue Strümpfe, welche Farbe Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 217, auf den Blitz bezieht. 5)

Das blaue Himmelszelt über der maurerischen Loge, die in der Loge brennenden Lichter, das weisse Schurzfell und die weissen Handschuhe und das Schwert des Lehrlings und der Maurer aller Grade, der blaue Halssehmuck des Maurermeisters und die blaue Einfassung und die blauen Rosen der Meisterschürze, sowie die blauen Teppiche, womit die Seitenwände der Logen und die Logentische behangen zu werden pflegen u. s w., drücken also gleichmässig und übereinstimmend den Gedanken an den Gott der Heerschaaren, an den allmächtigen Baumeister der Welt, an das ewige Licht und Leben aus.

In der älteren christlichen Zeit pflegte man dem Täufling ein weisses Gewand mit den Worten anzulegen: "Empfange dieses weisse Gewand und bringe es dereinst unbefleckt vor den Richterstuhl unseres Herrn Jesus Christus, auf dass du das ewige Leben erlangest." - Mit dieser christlichen Ermahnung dürfte nicht nur, sondern sollte vielmehr nach des Schreibers Ansicht auch die weisse Maurerschürze dem neuaufgenommenen Lehrlinge überreicht werden. Die weisse Schürze und die weissen Hand-




1) Uhlemann, a. a. O., II. S. 174.
2) Alpina für 1860, S. 264 ff.
3) Braun, a. a. O., I. S. 90.
4) Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und der nordischen Völker, I. S. 306.
5) Vergl. über die Symbolik der Farben bei den Göttern auch Bachofen, Gräbersymbolik, S. 292 ff.



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schuhe, welche der neue Maurer empfängt, sind also im letzten und höchsten Sinne: das Symbol seiner selbst, der eigenen Seele, des eigenen Geistes und Herzens, die er nicht beflecken und beschmutzen, sondern rein von aller Schuld und Fehle bewahren und vor den ewigen Richter bringen soll. Sei ein Licht und licht, wenn du wirklich nach Gott und nach dem ewigen Lichte verlangest; auf der Reise nach dem Todtenreiche und nach dem ewigen Lichte, kann nur das lichtvolle Leben uns geleiten, dieses ist der wahre Todten- oder Seelenführer.